Dieses Tool ermöglicht eine anschauliche Darstellung des Zusammenhangs zwischen Betreuungszeiten und Fachkraftstunden im Zeitablauf. Die verzerrende Wirkung der "Betreuungsmittelwerte" wird deutlich.
1. März 2011: Die Statistik der Kinder- und Jugendhilfe mit Erfassung der Betreuungszeiten in Stufen und die Berechnung der Personalschlüssel mittels Betreuungsmittelwerten wird zum letzten Mal in dieser Art durchgeführt.
2011/12: 39 Städte und Gemeinden klagen vor dem Staatsgerichtshof des Landes Hessen gegen die Mindestverordnung 2008 mit dem Ziel, die bisherigen Qualitätsstandards für die Kinderbetreuung für ungültig erklären zu lassen. Hintergrund ist die desolate finanzielle Situation der Kommunen.
1. März 2012: Die Statistik der Kinder- und Jugendhilfe wird nun erstmals mittels direkter Erfassung der Betreuungszeiten als Dezimalzahl durchgeführt. Verzerrungen in der Berechnung des Personalschlüssels werden damit beseitigt. Die Betreuungsmittelwerte sind damit überflüssig geworden.
14. März 2012: Die mündliche Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof findet statt.
6. Juni 2012: Der Staatsgerichtshof weist die Klage gegen die Mindestverordnung zurück und verurteilt das Land, einen finanziellen Ausgleich zu schaffen.[1]
Sommer/Herbst 2012: Der Gesetzentwurf zur Änderung des Hess. Kinder- und Jugendhilfe-Gesetzbuches (HKJGB) wird ausgearbeitet.
4. Dezember 2012: Die "Eilausfertigung" des Gesetzentwurfs erscheint unter der Kurzbezeichnung "HessKiföG" (Drs. 18/6733). Dieser Entwurf enthält die vom Statistischen Bundesamt zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschaffte Einteilung der Betreuungszeiten in Stufen und die überflüssigen Betreuungsmittelwerte. Dabei wurde auch noch versäumt, die Betreuungszeiten über 45 Stunden zu berücksichtigen.
Winter/Frühjahr 2013: Es gibt landesweit Proteste, Demos gegen das "HessKiföG". Auch gibt es sogenannte "Infoveranstaltungen" pro und contra "HessKiföG".
23. März 2013: Beispiel "Infoveranstaltung" im Gemeindezentrum St. Wolfgang in Dieburg - Die FDP-Landtagsabgeordneten Wilhelm Reuscher und Rene Rock verteidigen das "HessKiföG".
Auf die Kritik, wer sich wohl "im Ministerium diesen Unsinn mit dem Betreuungsmittelwert ausgedacht hat", kommt die Antwort "...ja, im Ministerium...". Im Einzelgespräch versuchen beide Abgeordneten aber immer noch, Gründe für den Betreuungsmittelwert zu finden.
9. April 2013: Zur hessenweit größten Demonstration in Wiesbaden kommen laut GEW mehr als fünftausend Menschen zur Protestkundgebung in Wiesbadens Stadtzentrum.
9. April 2013: Grüne Veranstaltung gegen das KiföG mit Marcus Bocklet (sic!).
9. April 2013: Der Änderungsantrag zum Gesetzentwurf "HessKiföG" erscheint (Drs. 18/7208). Die Tatsache, dass Betreuungsmittelwerte seit der Änderung des Berechnungsverfahrens durch das Statistische Bundesamt überflüssig sind, wird dabei nicht erkannt. Mit fadenscheinigen Argumenten wird versucht, den Betreuungsmittelwert zu rechtfertigen. Der Betreuungsmittelwert für Betreuungszeiten ab 45 Stunden wird hinzugefügt.
15. April 2013: Beispiel "Infoveranstaltung" im Evangelischen Gemeindehaus Groß-Umstadt - Die dort fundiert von zwei Kita-Leiterinnen vorgetragene Kritik u. a. am Betreuungsmittelwert wird ignoriert. Der FDP-Landtagsabgeordnete Wilhelm Reuscher aus Dieburg räumt jedoch immerhin ein, dass „handwerkliche Fehler beim Gesetz“ im Vorfeld gemacht worden seien.
[4]
Frühjahr 2013: Weiterhin finden landesweit kontroverse Diskussionen zum "HessKiföG" statt.
21. April 2013: Offener Brief an alle Landtagsabgeordneten, der die verzerrende Wirkung der Betreuungsmittelwerte thematisiert. Dieser wird inhaltlich - was die Betreuungsmittelwerte betrifft - von allen Landtagsfraktionen ignoriert. Lediglich von den Grünen (sic!) und der Linken kommt eine allgemein gehaltene Antwort, die immerhin die ablehnende Haltung gegenüber dem "HessKiföG" bekräftigt. SPD, Grüne und Linke hatten den Betreuungsmittelwert aber bereits grundsätzlich kritisiert.
23. Mai 2013: In dritter Lesung wird das "HessKiföG" gegen alle begründeten Proteste beschlossen (GVBl. I S. 207).
1. Januar 2014: Das nach "HessKiföG" geänderte HKJGB tritt in Kraft.
2014: Hessenweit beginnen die finanziell schlecht situierten Kommunen, die Qualitätsstandards auf das Niveau des "HessKiföG" abzusenken. Dazu gehören auch die oft kritiklos umgesetzten Verzerrungen durch den "Betreuungsmittelwert" nach § 25c HKJGB.
9. Juli 2014: Der erste von der rot-günen Koalition vereinbarte Runde Tisch zur Kinderbetreuung findet statt. Es gibt weiterhin Kritik an Bürokratie und Berechnungsmethode.
Oktober 2014: Eine Familie aus Groß-Umstadt leistet Widerstand gegen die Personalkürzungen in der Kita, in der ihre 3 Kinder betreut werden. Alle ihre Argumente werden zunächst abgeblockt. Der "Schwarze Peter" wird vielmehr zwischen Stadt, Landkreis und Land Hessen hin und her geschoben. Wir arbeiten gemeinsam eine Petition aus, die auf die Benachteiligung durch die Betreuungsmittelwerte in diesem Fall hinweist.
10. Dezember 2014: Besuch der Bürgersprechstunde des Bundestagsabgeordneten Dr. Jens Zimmermann (SPD) in Groß-Umstadt, in der wir die Frage bundeseinheitlicher Qualitätsstandards in Kitas und auch die durch den Betreuungsmittelwert verursachte spezielle Situation ansprechen. Er sagt zu, mit der Bundesfamilienministerin Frau Schwesig und dem Bürgermeister von Groß-Umstadt Herrn Ruppert zu sprechen.
28. Januar 2015: Petition an den Hessischen Landtag eingereicht, in der die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und die Korrektur der mathematisch falsch definierten Fachkraftfaktoren gefordert wird. Dazu müsste der § 25c HKJGB geändert werden.
4. März 2015: Mitteilung des Hessischen Landtages, dass die Petition Nr. 1179/19 an den Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss überwiesen wurde.
13. Mai 2015: Sozialminister Grüttner kündigt zweiten "Runden Tisch" zur Kinderkinderbetreuung für Mitte September an.[5]
24. Juni 2015: Nach mehrfacher Verschiebung des Themas beschließt der Hessische Landtag, die Petition dem ISS e.V. und dem Fachbeirat zur Verfügung zu stellen, damit diese in die Evaluation eingebracht werden kann.
9. September 2015: Nach einem zweiten Runden Tisch zur Kinderbetreuung in Hessen schließt Sozialminister Stefan Grüttner weitere Änderungen am Gesetz nicht aus.
19. Dezember 2016. Der Evaluationsbericht zum HessKiföG erscheint. Die Hessenschau berichtet ausführlich.
30. Januar 2017: Meine Hinweise zum Evaluationsbericht werden an 20 Interessengruppen und die 5 sozialpolitischen Sprecher der Parteien verschickt.
6. Februar 2017: Runder Tisch Kinderbetreuung
14. Februar 2017: Fachforum der "Liga der freien Wohlfahrtspflege" in Frankfurt, in der Bewertung der Evaluation wird Nachbesserungsbedarf deutlich.
12. Dezember 2017: Die Gesetzentwürfe von CDU/Grüne (Drs. 19/5472) und SPD (Drs. 19/5467) werden in den Hessischen Landtag eingebracht. CDU/Grüne halten es nicht für nötig, dringend erforderliche Nachbesserungen an §25c durchzuführen. Der SPD-Entwurf sieht die Rückkehr zur Personalberechnung nach Gruppen vor, die immer wieder gefordert wurde.
17. April 2018: Ein Gesetzentwurf der FDP erscheint, in dem die Verbesserung der Fachkraftfaktoren ab dem Jahr 2024(!) und die Förderung langer Betreuungszeiten enthalten ist.
Beitragsfreiheit darf nicht auf Kosten der Qualität gehen
Wer soll's bezahlen?
Gute Kitas kosten Geld
Dank der Kita-Offensive kommen immer mehr Kinder nach dem ersten Geburtstag ganztags in die Kita und verbringen dort einen erheblichen Teil ihrer ersten Lebensjahre. Zugleich belegen Studien ein Qualitätsproblem in vielen dieser Einrichtungen. Der ohnehin dürftige Betreuungsschlüssel erweist sich als fiktiv, wenn Krankheit, Urlaub und Personalfluktuation hinzukommen. Die verbliebenen Kräfte sind gestresst und ausgelaugt. All das muss Eltern missfallen.
Zugleich wachsen die Ansprüche, gerade auch der Mütter und Väter, was das Personal in Krippen und Kitas neben Windelnwechseln, Füttern, An- und Ausziehen, Streitschlichten, Kuscheln oder Trösten noch alles bieten sollte: schon die Kleinsten individuell fördern, ihre Kreativität wecken, nebenher sprachliche oder motorische Defizite erkennen und am besten auch noch auffangen.
Quelle: Kommentar in der taz von 2015, der immer noch aktuell ist.
Die Fakten
Ein Kindergartenplatz (3+) in Hessen kostet mindestens 7.000 Euro pro Jahr, dagegen müssen für einen Krippenplatz (U3) rund 20.000 Euro pro Jahr eingeplant werden. Das ist niedrig gerechnet, denn Mieten und Abschreibungen sind dabei nicht einkalkuliert.
Diagramm 1
Die Hessenschau berichtete im Sommer 2018 über die Stadt Gladenbach, wo Kosten von 7.700 Euro (3+) und 22.000 Euro (U3) pro Jahr und Kind kalkuliert werden (s. Diagramm 1, hr). Das ist durchaus realistisch, wenn alle Kosten wie Personal, Energie, Sachkosten, Mieten und Abschreibungen eingerechnet werden. In Gladenbach gehen rund zwei Drittel der Gesamtkosten zu Lasten der Stadtkasse. Gladenbach ist da kein Einzelfall, sondern eher ein Musterbeispiel.
Wie werden die Kosten aufgeteilt?
Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten:
Bund und Länder über Steuern
Städte und Gemeinden über Steuern
Träger (Betreiber wie Kirchen, Vereine, Organisationen usw.) mit ihrem Anteil
Eltern mit ihren Beiträgen oder Gebühren
Wohltäter mit ihren Spenden
Der Bund beteiligte sich bisher nicht an den Betriebskosten, sondern nur an den Investitionen (Neubauten Kitas). Das "Gute-Kita-Gesetz" soll das voraussichtlich ändern.
Beispiel einer typischen Gemeinde in Hessen: Die Betriebskosten für alle Kitas betrugen im Jahr 2018 ungefähr 8 Millionen Euro (mit Mieten und Abschreibungen, ohne Baumaßnahmen). Diese Kosten haben steigende Tendenz, weil zusätzliche Krippenplätze (U3) eben mit mindestens 20.000 Euro je Kind und Jahr zu Buche schlagen werden (Grenzkosten). Weitere 100 U3-Plätze würden somit zusätzlich rund zwei Millionen Euro jährlich kosten. Dabei sind künftige Tarif-, Preis und Mieterhöhungen nicht berücksichtigt.
Die Gemeinde muss alleine rund 61 Prozent schultern (s. Diagramm 2). Das Land Hessen beteiligt sich mit 21 Prozent im Rahmen der Landesförderung, die Elternbeiträge lagen 2018 bei 13 Prozent. Der Trägeranteil beläuft sich auf 4 Prozent der Gesamtkosten, wobei nur die katholischen Kitas und eine evangelische Kita von den Kirchen bezuschusst werden (mit rückläufiger Tendenz). Die anderen Träger geben keinen Eigenanteil dazu. Es gab Spenden von etwa 1 Prozent der Gesamtkosten, darunter eine einmalige Großspende im fünfstelligen Bereich.[1]
Sind Einsparungen möglich?
Dazu muss man wissen, dass durch das HessKiföG bereits seit 2016/17 in vielen Kitas drastische Verschlechterungen der Personal-schlüssel erfolgt sind – eine absehbare Tatsache die in der Diskussion zum HessKiföG 2013/2014 geleugnet wurde. Die Personal-schlüssel liegen damit heute am unteren Limit dessen, was für eine gute Kinderbetreuung notwendig ist. Das Saarland und Hessen bilden bei den altersgemischeten Kita-Gruppen die Schlusslichter der westdeutschen Bundesländer (s. Diagramm 3).[4]
Der Personalkostenanteil mag für manche Politiker verlockend sein, um weitere Kürzungen vorzunehmen. Das wäre aber im Hinblick auf das Wohl der Kinder unverantwortlich. Will man den Beruf der Erzieherin attraktiver machen, so sind durch die propagierten Tariferhöhungen und Ausbildungsvergütungen eher Mehrkosten zu erwarten.
Diagramm 2
Bürgermeister schlagen Alarm
Landauf, landab beklagen seit Jahren viele Kommunalpolitiker den hohen Kostenanteil der Kommunen, der sich im Haushalt meist zum größten "Brocken" entwickelt hat. Aktuell ist das im Landkreis Darmstadt-Dieburg zu vernehmen: In einer Resolution fordern alle 23 Bürgermeister im Landkreis DA-DI vom Land finanzielle Unterstützung bei der Kinderbetreuung.[2] Die Plätze für U3- und Ü3-Kinder reichen schon jetzt nicht.
"Bund und Länder versprechen durch ihre Gesetzgebung den Eltern und Familien die Betreuung ihrer Kinder und überlassen es den Kommunen, dafür die Voraussetzungen zu schaffen."
"Mit dem Hessischen Kinderförderungsgesetz wird nur eine Minimalbetreuung der Kinder gefördert."
Der Protest der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist zu begrüßen – es wurde auch langsam Zeit! Wenn man Missstände beseitigen will, muss man sie sichtbar machen. Das Bundes-KiföG von 2008 schrieb den Rechtsanspruch ab einem Jahr fest. War das realistisch? Na ja, hinterher sind wir alle schlauer. Vielleicht wäre es besser gewesen, zunächst einen Rechtsanspruch ab zwei Jahren zu garantieren und dafür die Elternzeit (Elterngeld) auf zwei Jahre zu verlängern. Das war aber politisch nicht gewünscht.
Jetzt müssen eben andere Lösungen gefunden werden. Dazu gehört unbedingt eine stärkere Unterstützung durch den Bund. Im Endergebnis ist eine Drittelung der Betriebskosten zu fordern.
Bund: ein Drittel
Land: ein Drittel
Stadt/Gemeinde: ein Drittel
Sonst bleibt den Gemeinden keine andere Wahl als entweder Steuern oder Elternbeiträge zu erhöhen. Verständlich, wenn die Eltern letzteres nicht gut finden. Die "Prügel" stecken dann aber nicht die Politiker in Bund und Land ein, sondern die Kita-Leitungen vor Ort. Diese müssen nämlich die Änderungen der Betreuungsverträge mit den Eltern verhandeln.
Im Übrigen ist eine Abschaffung des Flickenteppichs mit 16 unterschiedlichen Systemen zur Personalbemessung dringend erforderlich. Es darf nicht so bleiben, dass eine Fachkraft in Mecklenburg-Vorpommern fast doppelt so viele Kinder betreuen muss wie in Baden-Württemberg (s. Diagramm 3).[4]
Diagramm 3 (Gruppen von 2 bis 8 Jahren ohne Schulkinder)
Übrigens wird hier deutlich, dass sogenannte "Betreuungsmittelwerte" für die Personalbemessung nicht notwendig sind. Diese sind offenbar nur aus Unkenntnis der mathematischen Zusammenhänge in das HessKiföG hineingeschrieben worden (Begründung in der Chronologie).
Empfehlung:
Personal- schlüssel
Fachkraft- Kind- Relation
Krippe:
1 : 3
1 : 4
Kindergarten:
1 : 7,5
1 : 10
Zeit für Leitungstätigkeit
Kita-Leitungen haben viel zu tun: Das pädagogische Konzept weiterentwickeln, eine neue Fachkraft einstellen und eine besorgte Mutter beruhigen - es gibt noch mehr Aufgaben, die wichtig sind für die Qualität einer Kita. Dazu wären bundesweite Standards notwendig.
Dieses Video bietet eine leicht verständliche Darstellung der Zusammenhänge.
Empfehlung Leitungszeit:
Grundaustattung: 20 Stunden/Woche
Variabler Anteil: 0,35 Stunden/Woche pro Kind
Letztes Update: 13. Juli 2018
Verzerrungen und taktische Tricks
Betreuungsmittelwerte abschaffen
Ich begleite nun bereits seit 5 Jahren den Diskussionsprozess zum hessischen KiföG. Glauben Sie mir, ich kenne mich mit den Mängeln dieses Gesetzes inzwischen sehr gut aus.
Einer davon sind die "Betreuungsmittelwerte". Diese wurden bereits in den ersten Beratungen zum KiföG (2012/13) scharf kritisiert. Nichts ist passiert. Ich bin nicht der Einzige, von dem die Kritik kommt. Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund schreibt in einer Stellungnahme (2014): "Die Berechnung der Fachkraftstunden mit dem Betreuungsmittelwert führt zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind. (...) Aus diesen Gründen sollte die Berechnung mit dem Betreungsmittelwert nochmals überdacht und evtl. eine andere Berechnungsmethode erarbeitet werden." Erneut passiert nichts. Dann kam der Evaluationsbericht (2016). Dort wurde die Kritik ebenfalls deutlich: Experten fordern die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte. Wieder ist nichts passiert. Aus gut unterrichteten Kreisen verlautete dann, die Landesgrünen würden sich dafür einsetzen, die Problematik der Betreuungsmittelwerte zu lösen. Nun, man ahnt es bereits, wiederum passiert nichts. Es ist offenbar so, dass die CDU mit Herrn Grüttner nicht bereit ist, diesen Mangel zu beseitigen. Dieses Aussitzen und Ignorieren ärgert mich!
Wenn ich zum Bäcker gehe, möchte ich qualitativ hochwertige Brötchen, beim Floristen erwarte ich qualitativ hochwertige Blumengestecke und bei der Installation unserer neuen Brennwertheizung erhielten wir kürzlich sehr gute Qualität. Die Aufgabe der Politik wäre es, qualitativ hochwertige Gesetze zu produzieren, die sachgerecht sind. Der Macht- und Verteilungskampf verhindert das leider oftmals. Jetzt einfach zu resignieren, wäre aber falsch. Inzwischen wird der "Murks" mit den überflüssigen Betreuungsmittelwerten immer mehr auch von CDU-Politikern eingeräumt:
(Günther Eckert, CDU)
Vorschlag an die CDU: Vor dem nächsten Gruppenfoto mit Ihrem Landtagsabgeordneten sollten Sie ihm die unbefriedigende Situation bei der fehlerhaften Berechnungsmethode mit "Betreuungsmittelwerten" darlegen und auf eine baldige Änderung drängen. Die richtige Lösung wäre die Abschaffung derselben, so wie das Experten im Evaluationsbericht zum HessKiföG fordern.
(Renate Battenberg, B'90/Grüne)
Eine gute Übergangslösung für das Problem der Betreuungsmittelwerte bietet auch der Änderungsantrag (Vorlage 2909-2015/DaDi) zum Papier "Qualität der Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen" des LADADI. Die CDU im Kreistag hatte dem Änderungsantrag am 28.09.2015 zugestimmt (s. Protokoll, Beschluss zu TOP 19.1.).
(anonym)
Sehr geehrter Herr Grüttner, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Hessischen Landtages, bitte schaffen Sie endlich die Betreuungsmittelwerte im HessKiföG ab.
Bei der Umrechnung der Personalbemessung nach Gruppen (MVO 2008) in die Berechnung nach Anzahl der Kinder (HessKiföG) wurden aus meiner Sicht Fehler gemacht, die korrigiert werden müssen. Es ist interessant zu sehen, dass ausgerechnet die FDP, die seinerzeit alle Argumente abblockte, jetzt einen Gesetzentwurf (Drs. 19/6283) mit fast exakt dieser geforderten Korrektur der Fachkraftfaktoren vorlegt (mal von der dringend notwendigen Abschaffung der Betreungsmittelwerte abgesehen). Aber warum erst ab 2024? Und warum ist der Zuschlag für mittelbare pädagosche Arbeit von 10 Prozent bis 2023 befristet? Offenbar eine Mogelpackung.
Es fällt uns Menschen nicht leicht, Fehler einzugestehen. Die von Herrn Reuscher im Frühjahr 2013 überraschend vorgetragene Einsicht, dass "handwerkliche Fehler gemacht" wurden, vedient daher großen Respekt! Ob seine Partei dies auch so sieht, halte ich allerdings für fraglich. Offenbar geht es wohl mehr um Stimmenfang bei der Landtagswahl am 28. Oktober 2018.
Babenhäuser Parlament diskutiert über Kinderbetreuung
BABENHAUSEN - [...]
Ob die Finanzierung der Beitragsfreistellung der Eltern durch die hessische Landesregierung tatsächlich alle Kosten deckt, war ein weiterer Themenkomplex, der diskutiert wurde. Knoke stellte die Vermutung in den Raum, dass manche Eltern gelockt durch die Beitragsfreiheit eine Betreuungsflatrate, also für neun Stunden, buchen würden, obwohl sie noch gar nicht sicher seien, ob ihr Kind diese Zeit tatsächlich in Anspruch nehmen wird. Diese Betreuungsform wäre allerdings oft finanziell günstiger, als das, was sie bis jetzt bezahlt hätten. Folge für die Stadt wären dann allerdings höhere Kosten, weil auch mehr Erzieherinnen eingestellt werden müssten.
Dies hatte Knoke in dem letzten verhandelten Punkt ohnehin gefordert. Die Grippewelle des vergangenen Winters habe katastrophale Personalengpässe bis zu Notschließungen von Einrichtungen aufgezeigt. Deshalb forderte Knoke, vier Auszubildende im letzten Ausbildungsjahr einzustellen, diese würden als zwei Fachkräfte gerechnet und die Personalnot lindern. Obwohl die CDU vorher Qualitätsverbesserungen bei der Betreuung gefordert hatte, wollte sie diesem Antrag nur zustimmen, wenn sich dadurch die Kosten nicht erhöhten. Wie das funktionieren soll, erklärte die CDU nicht. Dennoch stimmte die Mehrzahl der Stadtverordneten für diesen CDU-Änderungsantrag.
Nun gehen diese Spielchen um den "Schwarzen Peter" weiter. Die Vermutung von Bürgermeister Knoke zum steigenden Betreuungsumfang halte ich für durchaus realistisch. Die reflexartige Reaktion der "Kürzungsfraktion" dagegen ist aus meiner Sicht haarsträubend, weil sie unvermeidbar höhere Kosten nicht wahrhaben will.
Die Landtagswahl im Oktober lässt grüßen. Politik ist Macht- und Verteilungskampf und nicht logisch. Manche Politiker glauben offenbar, man müsse dafür die Kunst der tatsachenverdrehenden Rhetorik beherrschen. In den fünf Jahren intensiver Auseinandersetzung mit dem Gesetzgebungsprozedere beim KiföG Hessen habe ich ständig solches Zeug erlebt – und nicht nur dort.
Und dann soll es immer noch Leute geben, die darüber nachgrübeln, wo die Politik(er)verdrossenheit wohl herkommt ...
Kita-Eltern bemängeln Qualität der ASB-Einrichtungen
[Anm.: Aha, jetzt bekommt der ASB den Schwarzen Peter zugeschoben]
BABENHAUSEN - [...]
Viele Eltern sind derzeit nicht zufrieden mit der Qualität der Betreuung in den vom ASB betriebenen Kindertagesstätten. Der Gesamtelternbeirat hat reagiert und ein entsprechendes Schreiben an die Stadt geschickt.
[...]
Wie die Elternvertreter Claudia Federenko und Andreas Heymann auf Nachfrage berichten, haben die durch die Krankheitswellen Anfang des Jahres ausgelösten Personalengpässe zu einer großen Verunsicherung bei den Eltern geführt. Zudem bemängeln sie, dass die Qualität der Betreuung zuletzt gesunken sei. Als Beispiele führen sie an, dass kaum noch Ausflüge stattfinden und die größeren Kinder würden nicht mehr ausreichend auf die Zeit in der Grundschule vorbereitet.
Voll des Lobes sind Federenko und Heymann hingegen über die Zusammenarbeit mit der Lokalpolitik. Vor allem die eingerichtete AG Kita-Konsolidierung erarbeite gute Ergebnisse. Sie war vor zwei Jahren eingerichtet worden, um den städtischen Zuschussbedarf zu senken und neue Gebühren- und Betreuungsmodelle zu entwickeln. „Die Politik steht hinter dem Ziel, den Eltern eine gute Betreuung zu gewährleisten“, berichtet Heymann. [Anm.: Sind Sie da ganz sicher?]
In einer Mitteilung beziehen die beiden CDU-Abgeordneten Monika Heinlein und Günther Eckert nun dazu Stellung. „Seit März herrscht großer Unmut bei den Eltern, deren Kinder in den ASB-Kitas unserer Stadt betreut werden. Personalausfälle in erheblichem Umfang sorgten jüngst für teilweise chaotische Zustände.“ Eltern, die aufgrund beruflicher Notwendigkeiten die Betreuungszeiten ihrer Kinder ändern wollten, seien abgewiesen worden. Andere Eltern seien vom Kita-Personal gebeten worden, ihre Kinder wieder mit nach Hause zu nehmen, da die erforderliche Betreuung nicht mehr gewährleistet war.
Es ist einfach nur noch haarsträubend, wie hier die Tatsachen verdreht werden. Die Ursache für die Verschlechterung sind doch offensichtlich die Sparbeschlüsse und die damit einhergehende Zeitmodellplanung.
Letztes Update: 29. Mai 2018
Qualität muss Vorfahrt haben
Teilweise Beitragsfreiheit belastet Kommunen
Das beschlossene Gesetz von CDU und Grünen zur teilweisen Beitragsfreistellung für Kinder über 3 Jahre ist aus meiner Sicht eine Mogelpackung. Grund: die finanzielle Belastung der Gemeinden wird nicht gesenkt, sondern je nach Einzelfall um bis zu 2 Prozentpunkte erhöht. Und das bei einem Kostenanteil von etwa 65 bis 70 Prozent, den die Städte und Gemeinden stemmen müssen. So entsteht Druck auf die Kommunalpolitiker, die Qualität zu verschlechtern.
Das Gegenteil wäre notwendig gewesen, um den Beruf der Erzieher attraktiver zu machen und damit dem Personalmangel entgegen zu wirken. Der fachlich bessere Gesetzentwurf der SPD für Qualitätsverbesserungen wurde von der Regierungskoalition in Wiesbaden heute abgelehnt. Auch ähnliche Vorschläge der Linken wurden schon früher verworfen.
Der SPD-Vorschlag sah die Rückkehr zur gruppenbezogenen Personalbemessung und vernünftige Zuschläge für mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungstätigkeiten vor. Außerdem wäre mit der einfach zu berechnenden Übernahme von zwei Dritteln der Gesamtkosten durch das Land der vielfach kritisierte bürokratische Aufwand beseitigt worden, den das von CDU und FDP beschlossene HessKiföG seit 2014 verursacht hat.
Späte Einsicht oder Stimmenfangpolitik?
Möglicherweise werden die Karten jetzt neu gemischt. Am 17. April 2018 brachte die FDP einen Gesetzentwurf ein, der die Fachkraftfaktoren nach dem HessKiföG § 25c korrigieren soll, und zwar
für Kleinkinder unter 3 Jahren: von jetzt 0,2 auf dann 0,22
für Kinder ab 3 Jahren bis Schuleintritt: von jetzt 0,07 auf dann 0,08
für Schulkinder: von jetzt 0,06 auf dann 0,065
Als Soll-Bestimmung wird ein Zuschlag von 10 Prozent für mittelbare Arbeitszeiten und in Kitas mit drei Gruppen wird eine halbe Stelle für Leitungstätigkeiten anvisiert. Außerdem wird unter anderem die bisher fehlende finanzielle Förderung längerer Betreuungszeiten über 45 Stunden pro Woche und in Aussicht gestellt. Die durch die Erhöhung des Fachkraftfaktors, die Anrechnung der mittelbaren pädagogischen Arbeit und eine Freistellung von Leitungskräften entstehenden Kosten solllen vom Land Hessen übernommen werden.
Der Haken
Zunächst klingt der FDP-Vorschlag erfreulich, denn damit wäre ein Teil unserer Petition realisiert. Der Haken: Die Korrektur der Fachkraftfaktoren soll erst ab dem Jahr 2024 gelten und die überflüssigen und verzerrenden Betreuungsmittelwerte für die Personalbemessung werden nicht aufgegeben. Außerdem gilt der Zuschlag von 10 Prozent nur bis 2023 – also wieder mal eine Mogelpackung. Ich wäre fast selbst darauf hereingefallen.
Verwunderlich, dass die FDP jetzt in der Opposition so etwas vorschlägt, was sie früher abgelehnt hat. Es werden noch Wetten angenommen, ob sich hier eventuell eine Jamaika-Koalition für Hessen anbahnt oder nicht.
Diskussion darf nicht verstummen
Wie dem auch sei, die Diskussion über Nachbesserungen an den Mängeln des KiföG darf nicht verstummen. Dies wurde auch am 18. April 2018 auf der Landespressekonferenz der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. und in der parlamentarischen Anhörung von Anfang März erneut deutlich.
Letztes Update: 3. August 2018
Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag
Quelle: Darmstädter Echo
Aus der Anhörung zu den konkurrierenden Kita-Gesetzentwürfen von CDU/Grünen einerseits und SPD andererseits, die am 8. März 2018 stattfand, möchte ich hier einige Zitate aus dem stenografischen Bericht veröffentlichen, die mir bemerkenswert erscheinen:
Bezogen auf die Kosten bleiben wir insbesondere bei unserer Position, dass das Drittelmodell, das vor einigen Jahren erfunden worden ist, gelebt werden möchte. Die Kommunen sind gerne bereit, ein Drittel der Kinderbetreuungskosten zu übernehmen, der Bund steuert seinen Anteil bei, und das Land möge dies aus originären Landesmitteln bitte auch tun. Das deckt sich durchaus mit Vorstellungen der SPD, darauf möchte ich ausdrücklich verweisen.
(Herr Gieseler, Hessischer Städtetag)
Eine Kitaleiterin sagte einmal auf einer Diskussionsveranstaltung: Uns sind die Kinder und die Eltern so wichtig, dass wir trotz knapper Besetzung vieles möglich machen. – Gleichzeitig gaben laut der gestern veröffentlichten Studie mit dem Namen „Die Kita-Leitung im Zentrum der Qualitätsdebatte“ 80 % der befragten Kitaleitungen an, dass sie sich von der Politik mangelhaft wahrgenommen fühlen und sich ihre Bedingungen verschlechtern. Das ist eine Perspektive, wie wir über Fachkraftmangel nachdenken. Ich bin mir sicher, dass es sich hier nicht um Kommunikations- oder Vermittlungsprobleme handelt, sondern der gesellschaftlich und politisch anerkannten Bedeutung der Kindertageseinrichtungen müssen entsprechende fachliche und qualitative Aspekte folgen.
[...]
Erstens: mehr Zeit für Kinder. Eine Trägervertreterin führte dazu auf einer unserer Veranstaltungen aus: Da wird drei Jahre lang mit großem Aufwand das Hessische KiföG evaluiert, wichtige Fachverbände geben Stellungnahmen ab, Experten werden angehört, und nichts passiert, obwohl deutlicher Nachbesserungsbedarf erkennbar ist. – Ich bin nicht ganz der Meinung dieser Kommentatorin. Denn mit der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU angestrebten Erhöhung der Qualitätspauschale und der Fachberatungspauschale passiert schon etwas, was wir nicht gering schätzen.
Das zeigt aber die Problematik auf, die in der Evaluationsstudie deutlich wird, dass nämlich die erforderlichen Zeiten für Leitung, Vorbereitung der mittelbaren pädagogischen Arbeit und Ausfälle von der direkten Kinderbetreuung abgezogen werden, wenn sie nicht zwischen Trägern und Kostenträgern vereinbart werden können. Und nicht selten können sie eben nicht vereinbart werden. Wir favorisieren daher die klare Regelung im Gesetzentwurf der SPD dazu. Es darf nicht den regionalen Gegebenheiten überlassen werden, ob diese Zeiten als Personalausstattung anerkannt werden oder nicht. Diese Zeiten gehören nach unserer Auffassung heute zur Mindestausstattung einer Kita.
Zweitens: Kinder mit Behinderung. Aus der Sicht der Liga sind die Versuche, die Systeme des KiföG und die Regelungen der Rahmenvereinbarung Integrationsplatz in Übereinstimmung zu bringen, auch durch die seinerzeit erhöhte Landespauschale nicht gelungen. Eine Mutter hat sich im Netz zur Integration ihres Sohnes geäußert: Mein Sohn ist mit einer Trisomie 21 geboren. Während eines dreimonatigen Praktikums habe ich im Regelkindergarten erlebt, wie sich zu wenig Personal und zu viele Kinder in einer Gruppe auswirken. – Ich möchte nur darauf aufmerksam machen und nachdrücklich darauf hinweisen, dass wir die Regelungen zur Integration von Kindern mit Behinderung in das Gesetz aufnehmen müssen.
Auf handwerkliche Fragen möchte ich aufgrund der Zeit nicht eingehen.
(Herr Hartmann-Lichter, Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.V.)
Herr Merz, zu Ihrer Frage nach dem Mittagessen: Denkbar wäre, dass wir die Kinder voneinander getrennt durch die Essenssituation führen, indem die, die bis sechs Stunden da sind, ihr mitgebrachtes Bütterchen verzehren, während die anderen, die mehr als sechs Stunden da sind, in der Einrichtung ein entsprechendes Essen bekommen. Das hielten wir für unhaltbar. Eine Zweiklassengesellschaft in Sachen Mittagessen aufgrund dieser Situation lehnen die Evangelischen Kirchen in Hessen ab.
(Frau Herrenbrück, Evangelische Kirchen in Hessen am Sitz der Landesregierung)
Quelle: Pressegrafiken Bertelsmann-Stiftung [Anm.: Ich habe mir erlaubt, das rechte Bild (Krippengruppen) in der Stufung >=4,0 und >= 4,5 neu einzufärben. Die Daten werden dadurch selbstverständlich nicht verändert, jedoch wird die starke Streuung deutlicher.]
Nach dem Ländermonitoring ist auch festzustellen – immer basierend auf der KJH-Statistik –, dass der Personalschlüssel für den U3-Bereich zum Stichtag 2016 bei 1 zu 3,8 lag und wir auch zum 1. März 2017 keine Veränderung bzw. eine marginale Verschlechterung auf 1 zu 3,9 feststellen konnten. Ähnlich stellt sich die Entwicklung bzw. der Status quo für die älteren Kinder dar. Dort lag der Personalschlüssel bei 1 zu 9,6 bzw. 2017 bei 1 zu 9,7, also keine Veränderung bzw. eine marginale Verschlechterung.
Hinzu kommt: Mithilfe der KJH-Statistik können wir aufzeigen, dass die Situation zwischen den Kreisen in Hessen erheblich schwankt. Ich möchte hier beispielhaft die Personalschlüssel für die älteren Kinder, also ab drei Jahren, nennen. Der beste Kreis hat einen Personalschlüssel von 1 zu 7,6, der schlechteste von 1 zu 11,9.
Warum sind die Personalschlüssel so wichtig, bzw. wo ist ihre Aussagekraft eingeschränkt? Vor dem Hintergrund der gelaufenen Diskussion möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Personalschlüssel – so wie sie auf der Grundlage der Statistik ausgewiesen werden können – sämtliche Arbeitszeiten umfassen.
Wenn ich den Vorschlag der SPD zugrunde lege, dass 20 % für Ausfallzeiten und 20 % für die mittelbare pädagogische Arbeitszeit zu berücksichtigen sind – das ist ein fachlich sicherlich unumstritten angemessener Vorschlag –, diese Zahlen auf die jetzige Personalsituation beziehe und berechne, wie viel Zeit für die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern zur Verfügung steht, dann kann man davon ausgehen, dass die Fachkraft-Kind-Relation für die Kinder ab drei Jahren aktuell bei 1 zu 16 liegt.
Vor diesem Hintergrund möchte ich hervorheben, dass folgender Punkt für die fachliche Diskussion unbedingt zur Kenntnis zu nehmen ist: Unzureichende pädagogische Personalbedingungen wirken sich nicht nur negativ auf die pädagogische Qualität aus. Für die Kinder passiert quasi nicht nichts, sondern wir wissen aus der Forschung sehr wohl, dass beispielsweise die Interaktionsqualität nur gehalten werden kann, wenn entsprechende Rahmenbedingungen vorhanden sind, bzw. die Interaktionsqualität sinkt, wenn die Personalschlüssel aus fachlicher Sicht unzureichend sind.
Es wurde immer wieder auf die Bedeutsamkeit von Kindertageseinrichtungen für die Sprachbildung hingewiesen. Wir wissen aus der Forschung, dass mit schlechten Personalschlüsseln die Möglichkeiten zum Dialog mit den Kindern ungleich sinken und deshalb auch die Sprachbildung vernachlässigt wird. Das heißt – und das möchte ich noch einmal ganz deutlich hervorheben –, dass sich eine schlechte Qualität in den Einrichtungen nachgewiesen negativ auf die Kinderentwicklung auswirken kann.
(Frau Bock-Famulla, Bertelsmann-Stiftung)
Bis zu sechs Stunden sind freigestellt. Das heißt, insofern besteht für die Kommunen keine Pflicht, die sechste Stunde auch freizustellen. Deswegen ist es keine konnexitäre Angelegenheit. – Ja, die Herren nicken schon. So macht man es sich natürlich sehr einfach, weil man weiß, dass vor Ort der politische Druck und auch Druck durch die Eltern entsteht. Wenn in der einen Kommune die sechs Stunden gewährt werden, wird die Forderung in der Nachbarkommune mit Sicherheit auch gestellt. Es wird auf Dauer also nicht durchzuhalten sein, das nicht zu machen. Im Grunde ist es konnexitär, aber über den Umweg der Freiwilligkeit gesetzlich nicht so richtig zu greifen.
[...]
Das Land Hessen hat bislang immer als Zielvorgabe für die Höhe der Elternbeiträge die Ein-Drittel-Deckung ausgegeben. Dies wird durch den neuen § 32c Abs. 2 Nr. 2 [Anm.: Entwurf von CDU/Grünen] ad absurdum geführt. Wir haben uns als Stadt Rauschenberg seit 2015 auf den Weg gemacht und diese Ein-Drittel-Deckung durch Elternbeiträge erreicht. Für 2018 bedeutet dies, dass wir für die Vormittagsbetreuung einen Kostenbeitrag von den Eltern in Höhe von 153 € und für die Nachmittagsbetreuung in Höhe von 101 € nehmen müssen. Jetzt kommt der entscheidende Satz: Tatsächlich erstattet uns das Land ab 1. August 135,60 € für sechs Stunden Freistellung, Vormittagsbetreuung. Für die Nachmittagsbetreuung darf ich nach dem jetzigen Gesetzeswortlaut maximal 79 € nehmen, müsste aber, um die Ein-Drittel-Deckung zu erreichen, 101 € festlegen.
[...]
Die 135,60 € sind unseres Erachtens nur dadurch zustande gekommen, dass man aus den niedrigen Elterngebühren, die bei den Kommunen letztlich zu Defiziten führen, einen Durchschnitt gebildet hat. Es handelt sich also um einen Durchschnitt aus Gebühren, die ohnehin nicht kostendeckend sind oder zumindest nicht der Ein-Drittel-Regelung entsprechen. Insofern ist das kein auskömmlicher Betrag.
[...]
Die Rückkehr zur gruppenbezogenen Bemessung[Anm.: Entwurf der SPD] wird von uns grundsätzlich begrüßt. Aber hier besteht die Gefahr, dass wir, was die Fachkraft-Kind-Relation anbelangt, erheblich mehr Fachkräfte brauchen, nach vorläufigen Schätzungen bis zu 3.500.
Man muss sich das einmal vorstellen: Da wird drei Jahre lang mit großem Aufwand evaluiert, wichtige Fachverbände geben Stellungnahmen ab, Experten werden angehört und nichts passiert, obwohl deutlicher
Nachbesserungsbedarf erkennbar ist. "Wir danken Ihnen für Ihre Hinweise ... seien Sie versichert, dass wir dies alles sehr sorgfältig prüfen werden." Nur aalglatte Rhetorik, aber passiert ist nichts. Hinhaltetaktik.
Die Grünen waren Anfang der 1980er Jahre angetreten, "verkrustete Strukturen" aufzubrechen. Der bekannte Naturwissenschaftler Hoimar v. Ditfurth unterstützte sie damals. An einige markante Sätze - in anderem Zusammenhang, aber durchaus passend - erinnere ich mich:
"Jeder der Abgeordneten, die da ihre Stimme abgeben, ist nach Recht und Gesetz und sicher auch nach eigener Überzeugung einzig und allein seinem Gewissen verantwortlich. Und dann stimmen sie ab - Fraktion für Fraktion als geschlossener Block, als wenn alle Gewissen je nach Parteizugehörigkeit in diesem Augenblick im gleichen Takt schlügen. Ich will das gar nicht kritisieren. Ich erwähne es nur als augenfälliges Beispiel für den in der Welt der Politik herrschenden unwiderstehlichen Zwang zur Solidarisierung mit der von der Mehrheit des eigenen Lagers vertretenen Meinung. Angesichts eines kritischen Vorhalts oder Gegenarguments ist die sofortige Widerlegung, das "Abschmettern" des Einwands, die wichtigste Tugend eines auf seine Karriere bedachten Politikers, nicht etwa die Bereitschaft hinzuhören oder gar die, sich umstimmen zu lassen." - Hoimar v. Ditfurth in einer Replik auf Heiner Geißler, 1983
Seinerzeit wurde ich zum Fan der Grünen. Ich fürchte, damit ist jetzt Schluss - zumindest in Hessen. Heute sind die Grünen ein Teil der früher bekämpften "verkrusteten" Strukturen.
Zurück zum HessKiföG: Die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und die Anhebung des Fachkraftfaktors für über dreijährige Kinder auf 0,08 wäre das Mindeste gewesen - auch bei pragmatischer Sichtweise. Stattdessen präsentieren CDU und Grüne einen Gesetzentwurf, der alle Mängel in § 25c so belässt, wie sie sind. Lediglich die BEP-Pauschale soll bis zum Jahr 2020 auf 300 Euro pro Jahr erhöht werden. Das kann man in einer Politikerrede gut "verkaufen" als "Verdreifachung" einer Pauschale, aber die Verdreifachung von fast nichts ist immer noch fast nichts!
Da lobe ich mir den Gesetzentwurf der SPD, auch wenn er noch einige Ungereimtheiten enthält. Ich hoffe, die SPD ist selbstkritischer und bessert ihren eigenen Entwurf bei der Gruppengröße für altersgemischte Gruppen nach. Ansonsten ist die Rückkehr zur Personalbemessung nach Gruppen ganz klar zu begrüßen. Damit wäre all jener bürokratischer Müll, der in der Evaluation kritisiert wurde, mit einem Schlag beseitigt. Gut so!
Zur Beitragsfreiheit: Das ist populär und auch durchaus zu begrüßen, weil damit die sehr unterschiedlichen Elternbeiträge beseitigt und ein Stück Bürokratie bei der Beantragung von Kostenübernahmen beim Jugendamt abgebaut wird. Aber es darf nicht zu Lasten der Qualität gehen und muss finanzpolitisch korrekt abgesichert werden. Beim Sechs-Stunden-Modell von CDU und Grünen kommt es zu Kollisionen mit dem überflüssigen Zwangsraster der Betreuungsmittelwerte, was einmal mehr deren Unsinnigkeit bezeugt. Soweit meine Gedanken zum Thema.
Ich wünsche allen Lesern eine geruhsame Weihnachtszeit und ein neues Jahr in Gesundheit.
Udo Brechtel
Letztes Update: 20. Dezember 2017
Lücke im Gesetz
Babenhausen spart auf Kosten der Kinder
BABENHAUSEN - Runter mit den Kosten für Kinderbetreuung, doch die Qualität in den Babenhäuser Betreuungseinrichtungen erhalten. Mit diesem Balaceakt befasste sich die Kita-Konsolidierungs-AG, [...]
[...]
Was ändert sich? Das flexible Kinderbetreuungsmodell mit einer Kernbetreuungszeit plus zubuchbaren Leistungen ist Geschichte. Künftig wählen Eltern für ihren Sprössling unter fünf Modellen aus: 25, 30, 35, 44,5 oder 47,5 Wochenstunden in der Kita – damit haben sich Familien für ein Jahr festgelegt. Auf diese Weise, so Bürgermeister Joachim Knoke (SPD), würden Personalkosten gesenkt.
[...]
Quelle: Darmstädter Echo vom 29. April 2017
Die Kosten senken und gleichzeitig die Qualität erhalten - das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die Politik nutzt eine Lücke im Gesetz vorsätzlich aus, um die Zeiten für die Personalbemessung - so stark wie nur irgendwie möglich - zu kürzen. Es ist klar ersichtlich, dass die Qualität darunter leidet.
tatsächlich
laut HessKiföG
Anmerkungen
25
22,5
minus 10 %
30
30
plus/minus 0
35
30
minus 14,3 %
44,5
42,5
minus 4,5 %
Hier wurde peinlichst vermieden, den tatsächlichen Wert auf 45 zu legen, weil dann ein Betreuungsmittelwert von 50 gilt.
47,5
50
plus 5,3 %
Das kann die Defizite bei den anderen Zeiten nicht ausgleichen.
Zeiten in Stunden pro Woche
Die Stadt hat die Betreuungszeiten so festgelegt, dass die "Betreuungsmittelwerte" des umstrittenen HessKiföG überwiegend deutlich niedriger liegen. Das hat mit einer sachgerechten Personalbemessung nichts mehr zu tun. Hier wird die verzerrende Wirkung der "Betreuungsmittelwerte" bewusst ausgenutzt, um auf Kosten der Kinder Geld zu sparen.
„Wir hatten gehofft, die Landesregierung hätte verstanden, dass es um mehr geht, als nur wenige technische Stellschrauben nachzuziehen. Die heute vorgestellten Änderungen sind bestenfalls ein erster Schritt zur Einsicht, dass das KiföG inhaltlich und handwerklich völlig unzureichend ausgestaltet ist. Die Landesregierung hat es nicht geschafft, ihren Gesetzentwurf vernünftig zu überarbeiten. Wir brauchen ein zukunftsfähiges Haus für die Kinderbetreuung, CDU und FDP liefern eine windschiefe Gartenlaube“, kritisiert Marcus Bocklet, sozialpolitischer Sprecher der GRÜNEN. Es bleibt dabei: „Dieses KiföG ist Murks. Wir schlagen deshalb erneut vor, den Entwurf zurückzuziehen und auf einem Betreuungsgipfel mit allen Akteuren der Kinderbetreuung neu zu verhandeln..."
Quelle: markusbocklet.de, 9. April 2013
Warum wird das nicht laut und deutlich kritisiert? Das hat mehr mit "Des Kaisers neuen Kleidern" zu tun, als den Beteiligten lieb ist. CDU und FDP haben ein dilettantisches Gesetz beschlossen und keiner der Kommunalpolitiker im Landkreis Darmstadt-Dieburg traut sich, das öffentlich zu thematisieren.
Im Gegenteil, sogar die Kreis-Grünen und die Kreis-SPD, deren Landespolitiker im Jahr 2013 ein Wahlkampfthema daraus gemacht hatten, wollen nichts mehr davon wissen, sondern nehmen das mit einer unglaublichen Lammsgeduld hin.
Und bitte: kommen Sie mir jetzt nicht mit dem Wort "Kompromiss". Das ist "Murks bleibt Murks", so wie es die Landtagsabgeordneten Marcus Bocklet (Grüne) und Gerhard Merz (SPD) völlig richtig gesagt hatten. Damals musste sogar der Abgeordnete Wilhelm Reuscher (FDP) in einer Diskussionsveranstaltung unter dem Druck der Argumente einräumen, dass „handwerkliche Fehler beim Gesetz“ im Vorfeld gemacht wurden.
Inzwischen wird dieser Murks von den Grünen in der Landes-Koalition gedeckt. Die Nachbesserungen am KiföG (§ 25c) sind gleich Null. Bei CDU und FDP ist ohnehin Hopfen und Malz verloren, von der AfD ganz zu schweigen. SPD und Linke sind zwar gegen das KiföG, thematisieren aber aus meiner Sicht das oben erläuterte Problem der Betreuungsmittelwerte zu wenig. Der Evalutionsbericht zum HessKiföG sieht die "Betreuungsmittelwerte" jedenfalls sehr kritisch - eine Steilvorlage für die Opposition, die leider nicht genutzt wird.
Einige Interpretationen zum Ergebnis der Evaluation
[...] So kann man die Tatsache, ob und in welchem Umfang die Träger
mittelbare pädagogische Zeiten berücksichtigen, nicht als (kausale) Wirkung des HessKiföG
beschreiben, weil die Träger dazu nicht verpflichtet sind, sondern machen können was sie möchten.
Es handelt sich also um Korrelationen - und nicht um kausale Zusammenhänge.
[...]
Man kann jedoch sagen, dass es schon vor dem HessKiföG Krippengruppen gegeben haben muss,
die - unter Missachtung der MVO oder aufgrund von Ausnahmeregeln - auf 12 Kinder vergrößert
worden waren. Der Vorher-Nachher-Vergleich in diesem Fall ist also zumindest fragwürdig. Denn
das HessKiföG hat ja gerade verhindert, dass die Gruppengrößen hier auf 8 bis 10 Kleinkinder
verringert wurden.
Trotzdem ist Herr Grüttner zufrieden, und meint, es gäbe ja auch Gruppen die kleiner als der
Durchschnitt sind (Hessenschau vom 19. Dezember 2016). Die größeren Gruppen nimmt er leider
nicht zur Kenntnis. Und auch nicht die Probleme mit der Personalbemessung, die gerade bei
kleineren Gruppen entstehen. In den letzten Monaten lese ich ständig Zeitungsberichte, wonach
Kita-Erweiterungen stattfinden und U3-Gruppen mit 12 Kindern geplant werden oder wegen der
Warteliste vorhandene Kindergartengruppen von 22 auf 25 Kinder vergrößert werden sollen.
[...]
Tendenziell kommt es also bei U3-Gruppen eher zu Zuwächsen beim
Mindestpersonalbedarf, bei Kindern ab 3 Jahren eher zu Stagnation oder Verminderungen. Dies
stützt übrigens auch meine These, dass der Fachkraftfaktor 0,07 auf mindestens 0,08 angehoben
werden muss.
In diesem Zusammenhang vermisse ich aber eine Klarstellung: Diese Werte zum Soll-Bedarf an
Fachkraftstunden sind absolute Zahlen, die kausal mit der Kinderzahl zusammenhängen. Sie
bedeuten keine Verbesserung der Personalschlüssel. Von 2014 bis 2015 ist die Anzahl der betreuten
U3-Kinder von 37.719 auf 40.468 gestiegen, also um 7,3 %. Bei den Kindern ab 3 Jahren waren es
147.395 zu 148.526, also nur 0,7 % Zuwachs. Die Personalschlüssel (Median) waren 2014 und
2015 konstant gelieben, und zwar im U3-Bereich bei 1:3,8 und ab 3 Jahren bei 1:9,8 (Datenquelle:
Statistisches Bundesamt bzw. Ländermonitor 2016).
Offenbar hat die Vorgabe des Zeitkontingentes von 15 % für Ausfallzeiten auch nicht zu einer
Verbesserung der Personalschlüssel geführt, wie in der Einführungsdiskussion zum HessKiföG
immer wieder suggeriert wurde (Mogelpackung). [...]
Betreuungsmittelwerte sind überflüssig
Auch die Meinungsumfrage zu Betreuungsmittelwerten sagt nicht unbedingt etwas darüber aus, ob
diese - im Sinne einer guten Kinderbetreuung nach objektiv nachvollziehbaren Maßstäben -
sachgerecht sind. Denn schließlich machen Experten Verzerrungen durch die Betreuungsmittelwerte
im Vergleich zu tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten geltend und plädieren für eine stärkere
Differenzierung oder die gänzliche Abschaffung der Betreuungsmittelwerte. [...]
Gedanken über Wissenschaft und Politik
Die vornehmste Aufgabe der Wissenschaft ist es, Wissen zu schaffen, die Wahrheit herauszufinden.
Dazu muss Wissenschaft frei sein. Wenn Vorgaben verhinderten, dass bestimmte Aspekte analytisch
untersucht werden, wäre das fragwürdig. Im MINT-Bereich werden Phänomene häufig
mathematisch beschrieben. [...] stets spiegeln die mathematischen Modelle den kausalen Zusammenhang möglichst sachgerecht wider.
Nur in der Politik glaubt man, solch einsichtige Prinzipien ignorieren zu können. [...] fragwürdige personelle Bedarfsermittlungen sind die Folge.
Das HessKiföG zeigt in § 25c das genaue Gegenteil eines wissenschaftlich fundierten mathematischen Modells.
Vorschlag für ein sachgerechtes Modell
Wie kam es zu diesem sachwidrigen Modell? Zunächst wurde offenbar übersehen, dass das
Statistische Bundesamt die Betreuungsmittelwerte zum Zeitpunkt des Gesetzentwurfs (2012) bereits
abgeschafft hatte. Sodann gab es zunächst den Stufentarif in § 32, der für die Fördergelder eine
nach Zeitkategorien abgestufte Höhe der Geldbeträge vorsah. So glaubte man wohl, diese
Stufenfunktion müsse auch auf das mathematische Modell zur Berechnung der Fachkraftstunden in
§ 25c übertragen werden. Ein schwerwiegender Fehler. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Zuerst
muss der Gesetzgeber ein (im Sinne einer guten Kinderbetreuung) sachgerechtes mathematisches
Modell für die Fachkraftstunden erarbeiten. Und dann muss dieses durch eine sachgerechte
Fördersystematik unterstützt werden.
Wie könnte ein solches Modell aussehen? Natürlich könnte man einfach die gruppenbezogene
Berechnung wieder einführen. Denkbar wären auch modifizierte Modelle, die zwar
gruppenbezogen sind, aber die individuelle Verteilung der Betreuungszeiten berücksichtigen. Wenn
man das partout nicht möchte, wäre jedenfalls die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und
Ersetzung durch die Summe der vereinbarten Betreuungszeiten dringend notwendig. Sodann wären
die Fachkraftfaktoren zu korrigieren und eine Rundungsregel einzuführen, die sinnvoll auf ganze
Kindergruppen rundet. Mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungstätigkeiten müssen dann hinzu
addiert werden.
Die Auffangregelung sollte in eine Basisregelung umgewandelt werden, die als absolutes Minimum
zwei Personen während der gesamten Öffnungszeit vorgibt. Aufbauend darauf sollten sich die
Fachkraftstunden in sinnvoller Weise erhöhen.
Die Fördergelder könnten dementsprechend durch einen fixen Grundbetrag mit einem variablen,
von der Betreuungszeit abhängigen, Anteil berechnet werden.
Diesen Text habe ich an 20 Interessengruppen und die 5 sozialpolitischen Sprecher der Parteien im Landtag geschickt. Er wendet sich aber auch an alle Interessierten.
Ergänzend dazu:
In der Öffentlichkeit kommt es immer wieder zu Diskussionen über die richtige Art und Weise
der Personalbemessung in Kindertageseinrichtungen. Das Hessische Kinderförderungsgesetz
(HessKiföG) und das Kinderförderungsgesetz in Sachsen-Anhalt (KiföG Sn-Anh) haben eine
besondere Resonanz hervorgerufen. Dabei ist umstritten, ob die kindbezogene oder die gruppenbezogene Berechnungsmethode die richtige sei. Auch die immer wieder geforderten bundeseinheitlichen Standards für die Personalschlüssel (brutto) oder Fachkraft-Kind-Relationen (netto) intensivieren die Diskussion.
Für die mathematisch Interessierten habe ich meine Untersuchungen zum Herunterladen dokumentiert:
Ziel dieses Beitrages ist es, die Elemente von ausgewählten Berechnungsmethoden möglichst
objektiv zu beschreiben und anschließend zu vergleichen.
Letztes Update: 29. Januar 2017
Grippewelle in Zeiten des KiföG
Bilder aus einer hessischen Kita
Selbstverständlich ist eine Grippewelle nicht die "Schuld" des KiföG. Aber wenn man die Personalschlüssel auf ein Minimum herunterfährt, wirken sich krankheitsbedingte Ausfälle natürlich viel gravierender aus.
Januar 2017
Evaluationsbericht liegt vor
Die Evaluation des HessKiföG, die vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik bis Ende 2016 durchgeführt wurde, liefert auch Aussagen zu den Betreuungsmittelwerten. Danach machen Experten Verzerrungen durch die Betreuungsmittelwerte im Vergleich zu tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten geltend und plädieren für eine stärkere Differenzierung oder die gänzliche Abschaffung der Betreuungsmittelwerte. Die Träger sind sich dabei nicht einig. Die Berechnung des Personalbedarfs mittels Betreuungsmittelwerten führt bei 94 % der Tageseinrichtungen im Vergleich zu den tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten zu Abweichungen. Ob diese positiv oder negativ ausfallen, hängt dabei vom jeweiligen Umfang der Betreuungsdauer ab.[Seite 205ff]
Das stützt die von Anfang an vielfach vorgetragene Kritik. Wenn nun die Akzeptanz der Betreuungsmittelwerte bei den Trägern auf 41 % gestiegen ist, weil die Betreuungszeiten an das Stufenraster angepasst wurden, so ist das aus meiner Sicht keine Rechtfertigung, sondern eine Beschreibung des Problems! Es ist das Problem, wenn taktische Überlegungen angestellt werden, statt unbefangen vernünftige Betreuungszeitmodelle zu entwickeln. Viele Träger nutzen diesen zentralen Mangel des HessKiföG, um die Fachkraft-Kind-Relation zu verschlechtern - und so Geld zu sparen. Das mag für diese Träger zweckdienlich sein, aber es ist eben nicht sachgerecht.
Die von 18 % der Träger vorgeschlagene bessere Differenzierung - also die Vergrößerung der Anzahl der Stufen bei gleichzeitiger Verminderung ihrer Höhe bzw. Breite - macht die Sache nicht einfacher. Wie sollte man die Stufenbreite sachgerecht festlegen? Die kleinste Stufenbreite, die einen Sinn ergibt, wäre eventuell eine Viertelstunde pro Tag. Bei 5 Tagen pro Woche ergäbe das 1,25 Wochenstunden, bei 6 Tagen 1,5 Stunden, bei Veränderungen nur an 4 Tagen nur 1 Stunde. Je kleiner und zahlreicher man die Stufen macht, umso mehr nähert man sich einer linearen Funktion. Also kann man diesen linearen bzw. proportionalen Zusammenhang auch gleich linear bzw. proportional abbilden.
Stufen sind überflüssig. Warum Politiker und Verwaltungsleute dennoch den Drang haben, überall Stufen einzubauen, obwohl sachlich ein linearer Zusammenhang besteht, erschließt sich mir nicht. Nein, alle Überlegungen in dieser Richtung ergeben einfach keinen Sinn. Die korrekte mathematische Beschreibung dieses Zusammenhangs ist eine lineare Funktion - also die gänzliche Abschaffung der Betreuungsmittelwerte, wie es sich 33% der Träger wünschen.
Soweit in Kürze. Wenn ich Zeit habe, möchte ich gerne noch weitere Anmerkungen zu einigen anderen Punkten veröffentlichen.
Allen Lesern wünsche ich eine besinnliche Weihnachtszeit und ein gesundes und erfolgreiches Jahr.
Udo Brechtel
Letztes Update: 22. Dezember 2016
Text ergänzt am 18. Januar 2017
Taktische Überlegungen
Die Berechnung der Fachkraftstunden mit den überflüssigen Betreuungsmittelwerten führt nicht nur zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind. Sie veranlasst offenbar auch so manche Kommunalpolitiker, die Betreuungszeiten nach dem willkürlichen Raster auszurichten, das sich daraus (nach § 25c HKJGB) ergibt. Dazu einige Beispiele:
SPD nimmt Abstand vom 5-7-9-Stufenmodell
Der Sprung ins kalte Wasser bleibt Kindergarteneltern zunächst erspart: Alle Anträge zur Kostenreduzierung in der städtischen Kindertagesstätten wurden vertagt. Die SPD zog ihre Idee vom neuen 5-7-9-Stufenmodell ebenfalls zurück.
Die angekündigten Kürzungen im Kitabereich hatten bei der Stadtverordnetenversammlung für ein volles Haus gesorgt.
Quelle: Darmstädter Echo, 17. Dezember 2016
"Niveau der 70er Jahre"
BABENHAUSEN - ...aus dem Kita-Elternbeirat ...: „Das wird einige berufliche Existenzen kosten.“ Zur Diskussion stehen nicht nur Gebührenanhebungen, sondern vor allem die Abschaffung des Betreuungsumfangs und der Flexibilität. [...]. Stufenmodell setzt sich in der Arbeitsgruppe derzeit durch. Die flexible Kinderbetreuung wäre damit ad acta. Eltern sollen sich verbindlich für ein Jahr für fünf, sieben oder neun Stunden Betreuungszeit entscheiden. Maximal sind neun Stunden, in zwei Ortsteilen sollen die Kitas nachmittags zu bleiben.
Quelle: Darmstädter Echo, 14. Dezember 2016
Der schwarze Peter
BABENHAUSEN - [...]
Manches ließe sich zwar über eine Erhöhung der Grundsteuer abfedern,
doch hat sich das knappe Mehrheitsbündnis aus CDU und Freien Wählern „keine
Steuererhöhungen“ auf die Fahnen geschrieben.
Wenn es aber ans Eingemachte geht, soll es keiner gewesen sein – die Verwaltungsspitze
fordert konkrete Beschlüsse von den Stadtverordneten, CDU und Freie Wähler
geben den schwarzen Peter zurück, indem sie die Verwaltung mit der Ausschöpfung
globaler Einsparpotenziale beauftragen. Und zunächst wird erst mal aufgeschoben.
[...]
Hier scheint es eine große Mehrheit für das von der SPD propagierte Stufenmodell zu geben, mit drei Betreuungszeiten: fünf, sieben und neun Stunden täglich, wahlweise mit Mittagessen. Einsparungen sollen auch durch die Verkürzung der Öffnungszeiten auf neun, in manchen Einrichtungen auf sieben Stunden erzielt werden. Dabei wird wohl jegliche Flexibilisierung durch Zukaufstunden entfallen.
Quelle: Darmstädter Echo, 12. Dezember 2016
Eltern sind schockiert
HOFHEIM - Die Stadt hat den Träger der Kita in einem Schreiben dazu aufgefordert, die Öffnungszeiten der Krippe aus Kostengründen einzuschränken...
Dazu: "Was wir Eltern brauchen, ist eine qualitativ gute Kinderbetreuung mit bedarfsorientierten Betreuungszeiten [...]"
Hintergrund: Durch die Einführung der Betreuungsmittelwerte für die Personalbemessung im neuen Kinderförderungsgesetz (Kifög) ergeben sich personell günstige oder ungünstige Situationen für die Personalausstattung, abhängig von den Öffnungszeiten, die vor der Einführung des Kifög festgelegt wurden. So hat zum Beispiel eine Gruppe, die 25,5 Stunden pro Woche geöffnet hat, die gleiche Personalbemessung wie eine Gruppe, die 34,5 Stunden/Woche geöffnet hat.
Quelle: Hofheimer Zeitung, 28. Juni 2016
Eltern gegen Zwangsraster nach "HessKiföG"
GROSS-UMSTADT - "In einer Gesprächsrunde haben sich Eltern deutlich gegen eine Umstellung auf mindestens sechs Stunden pro Tag als Minimum ausgesprochen, da dies einer doppelten Preiserhöhung gleichkäme."
Quelle: Darmstädter Echo, 7. Mai 2015
Wie ich es sehe
Eine Lösung des Problems, dass taktische Überlegungen statt sachgerechter Betreuungszeitmodelle die Diskussion beherrschen, wäre sehr einfach möglich: Betreuungsmittelwerte abschaffen!
Die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte wäre übrigens kostenneutral möglich. Das ergibt sich dadurch, dass Bevorzugungen und Benachteiligungen entfallen, und ein korrektes, mittleres Niveau entsteht. Selbstverständlich müssten dann zusätzlich die Fachkraftfaktoren korrigiert werden.
Letztes Update: 17. Januar 2017
Der falsche Kompromiss
Es wird oft behauptet, die Betreuungsmittelwerte (§ 25c HKJGB) seien ein Kompromiss zwischen der gruppen- und der kindbezogenen Förderung. Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Förderung ist ausschließlich in § 32 HKJGB geregelt und Betreuungsmittelwerte kommen dort überhaupt nicht vor.
Dagegen dient § 25c zur Berechnung eines Mindestansatzes für die Personalstunden. Außerdem bestimmt § 25a, dass "zur Sicherung des Kindeswohls ... mindestens der personelle Bedarf nach § 25c gedeckt sein" muss, woraus logischerweise folgt, dass eine Setzung von Förderanreizen in § 25c ausgeschlossen ist. Betreuungsmittelwerte haben also mit der Förderung nicht das Geringste zu tun.
Auch einen Kompromiss, der die Verschlechterung des Betreuungsschlüssels wegen der umstrittenen Berechnung nach Kinderzahl abmildern könnte, vermag ich nicht zu erkennen. Das möchte ich gerne erläutern. Mit den folgenden grafischen Darstellungen (allgemeine Beispiele) kann man die individuelle Situation in einer Kita recht gut abbilden. Die gezeigte Fachkraft-Kind-Relation bezieht sich auf die reine Arbeit mit dem Kind (ohne mittelbare Zeiten):
Die vertikale Achse zeigt die Anzahl anwesender Personen (Fachkräfte bzw. Kinder), auf der horizontalen Achse ist die Betreuungszeit aufgetragen. Während die Zeit gleichmäßig zunimmt, verläuft die Anzahl der Fachkräfte und Kinder in Stufen. Es gibt ja nur ganze Menschen. Bei den Fachkräften sind zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder 1, 2 oder 3 Personen anwesend.
Die daraus resultierenden Stufenverläufe bei den Personen sind faktisch vorgegeben und müssten normalerweise bei der Erstellung eines mathematischen Modells zur Berechnung der Fachkraftstunden beachtet werden. Das hat der Gesetzgeber ignoriert, als er die kindbezogene Rechenmethode in § 25c einführte.
Manche Leute glauben nun, dass die Betreuungsmittelwerte einen diesbezüglichen Kompromiss darstellten. Das halte ich für Unsinn. Die Betreuungsmittelwerte wirken in h o r i z o n t a l e r Achsrichtung und zerstören lediglich den gleichmäßigen Zeitablauf - es kommt zu den bekannten Verzerrungen. Mein Professor hätte damals sicher von einer "Verschlimmbesserung" gesprochen.
Die Berechnung nach Anzahl Kinder wirkt dagegen in v e r t i k a l e r Achsrichtung. Sie verkennt, dass auch bei sehr wenigen Kindern (und sei es auch nur ein einziges Kind) stets eine Fachkraft anwesend sein muss - bezogen auf die gesamte Einrichtung sogar zwei (Auffangregelung nach §25c Abs. 4 mit dem FAQ-Hinweis Nr. 16). Ein Kompromiss, der den Namen auch verdient, wäre hier eine geeignete Rundungsregel - die natürlich weiter gedacht auf die gruppenbezogene Berechnung hinauslaufen kann.
Zum Schluss noch der Hinweis auf die Bedeutung der "durchschnittlichen Fachkraftanzahl" in den Grafiken. Es handelt sich hier um den zeitlichen Mittelwert innerhalb einer bestimmten Kita-Gruppe. Das war in der MVO 2008 beispielsweise der Faktor 1,75 (Ü3, 15 bis 25 Kinder) bzw. 2,0 (U3, 8 bis 10 Kinder). Nach HessKiföG beträgt letzterer Wert 2,4 bei 12 Kindern. Der Wert 1,75 ergibt sich, wenn während drei Vierteln der Zeit 2 Personen anwesend sind. Ein Wert von 2,4 ist nur dann möglich, wenn es einen Zeitabschnitt mit 3 anwesenden Personen gibt.
Der defekte Taschenrechner im Praxistest
Ich bin der Auffassung, dass bereits eine analytische Untersuchung der Berechnungsmethode mittels "Betreuungsmittelwerten" hinreichend beweist, dass diese sachlich ungeeignet sind. Auch alle Rückmeldungen, die ich bisher erhielt, stimmten meiner Argumentation zu.
Folgende Sachverhalte wurden aus meiner Sicht vom Gesetzgeber übersehen:
Betreuungsmittelwerte sind nur für eine große Anzahl von Kitas im Mittel für statistische Zwecke (mit Fehlern) verwendbar.
Jede individuelle Kita hat ihre eigenen Betreuungsmittelwerte, die vom Landesdurchschnitt abweichen.
Die gewollte "Vereinfachung" ist nicht sachgerecht, weil sie die individuelle Situation in der Kita ignoriert ("Verschlimmbesserung").
Das Prinzip der Proportionalität zwischen der Länge von Betreuungszeitabschnitten und den Fachkraftstunden wird grob sachwidrig durchbrochen.
Durch diese Verzerrungen kommt es zu Ungleichbehandlung zwischen gleichartigen Kitas.
Betreuungsmittelwerte sind völlig überflüssig und machen mehr Probleme als sie nützen.
Es kommt zu taktischen Überlegungen statt einer bedarfsgerechten Zeitmodellplanung.
Das Platzsharing wird durch Betreuungsmittelwerte konterkariert, weil das Gesetz alle über 10 Stunden/Tag hinausgehenden Zeiten deckelt.
Die Stufenregelung bei der Förderung (§32) darf nicht zwangsläufig in die Personalbedarfsermittlung (§25c) übernommen werden. Bei der Förderung werden nur ca. 10 bis 12 Prozent der Kosten bezuschusst; die Vorschrift zum Personalbedarf regelt jedoch 100 Prozent der Arbeitszeit mit dem Kind.
Die Auffangregelung nach §25c Abs. 4 mit dem FAQ-Hinweis Nr. 16 (Seite 8/9) läuft ins Leere, weil die Zwei-Personen-Mindestregelung durch die Deckelung auf 10 Stunden/Tag nicht sachgerecht ermittelt werden kann.
Natürlich wäre es sinnvoll, dieses in der Evaluation durch empirische Daten zu untermauern. Allerdings gibt es dabei auch ein Risiko.
Etwas salopp gesagt, ist die empirische Überprüfung der Betreuungsmittelwerte so etwas wie die Erprobung eines defekten Taschenrechners in der Praxis.
Entweder, er wird überhaupt nicht verwendet oder es werden nur solche Aufgaben damit gerechnet, bei denen er zufällig richtige Ergebnisse liefert. In beiden Fällen könnten die Prüfer zu der irrigen Annahme kommen, der Taschenrechner sei doch ganz in Ordnung, weil es ja irgendwie läuft...
Letztes Update: 22. Juni 2016
Petition teilweise erfolgreich
Der Hessische Landtag hat beschlossen, dass unsere Petition für die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und die Änderung der Fachkraftfaktoren (§ 25c HKJGB) in die derzeit laufende Evaluation eingebracht werden soll. Das kann man durchaus als kleinen Erfolg werten, obwohl die Evaluation augenscheinlich dazu dient, die Beseitigung offensichtlicher Mängel auf die lange Bank zu schieben.
Das Antwortschreiben des HMSI zur Petition zeigt leider keine wirkliche Einsicht, aber immerhin wird eingeräumt, dass die Betreuungsmittelwerte grundsätzlich zu Verfälschungen führen.
"Es ist richtig, dass in Tageseinrichtungen, in denen die Betreuungsverträge überwiegend gleich und so ausgestaltet sind, dass sie jeweils oberhalb der Betreuungsmittelwerte liegen, zunächst verhältnismäßig "zu wenig" Personal vorzuhalten ist..."
(Hessisches Ministerium für Soziales und Integration, 14. Juli 2015)
Die wichtigsten Trägerverbände und Interessengruppen haben eine Kopie erhalten. Man darf gespannt sein, ob das beim "Runden Tisch Kinderbetreuung" am 14. September 2015 thematisiert wird.
Nachtrag 1:
Auf echo-online konnte man immerhin lesen: "Hessens Sozialminister schließt Änderungen beim umstrittenen Kinderförderungsgesetz nicht aus".
Nur: welche Änderungen er genau meint, steht in den Sternen - und dann auch erst nach 2016! :-(
Nachtrag 2:
Zustimmende Rückmeldungen einiger Fachverbände sind ermutigend. Unverständlich erscheint mir aber die auch unter KiföG-Kritikern verbreitete Auffassung, dass Betreuungsmittelwerte ein Kompromiss seien. Eine derart grob sachwidrige Vorgabe zur Personalbemessung kann niemals einen Kompromiss darstellen.
Stellen Sie sich bitte einmal vor, der Gesetzgeber beschließt das folgende - fiktive - "Gesetz zur Vereinfachung der Grundrechenarten".
Danach gelte:
2 x 2 = 6
2 x 3 = 6
2 x 4 = 6
Ein Sturm der Entrüstung wäre die unausweichliche Folge. Auch die Begründung des - fiktiven - Kultusministers, dass "damit den Kindern das Erlernen des Einmaleins erleichtert" werden solle, würde wohl niemand überzeugen, sondern eher die Frage nach seiner Qualifikation aufwerfen. Gewiss, das ist in dieser Form übertrieben und dem Bereich der Satire zuzuordnen.
Die Realität
Bitte vergleichen Sie das jedoch einmal mit dem, was der Landesgesetzgeber in § 25c HKJGB tatsächlich beschlossen hat.
Danach gilt (mit 25 x 0,07 = 1,75):
1,75 x 26 = 52,5
1,75 x 30 = 52,5
1,75 x 35 = 52,5
In der Broschüre des Hessischen Sozialministeriums heißt es auf Seite 11 zudem: "Aus Vereinfachungsgründen wurden 4 Zeitkategorien gebildet. Jeder Zeitkategorie ist ein durchschnittlicher Wert, der sogenannte Betreuungsmittelwert, zugeordnet."
Bitte entscheiden Sie selbst, wie Sie das einordnen möchten. Aus meiner Sicht hat man im Ministerium schlicht und einfach verpennt, dass das Statistische Bundesamt die Betreuungsmittelwerte seit 1. März 2012 aus mathematischen Gründen abgeschafft hat. Die Indizienlage dazu scheint mir erdrückend zu sein, wie die Entstehungsgeschichte des HessKiföG zeigt.
Jedenfalls kritisiert auch der Hess. Städte- und Gemeindebund die Berechnung der Fachkraftstunden mit einem willkürlichen Betreuungsmittelwert völlig zu Recht (siehe Zitat rechts).
Die wichtigsten Gründe gegen Betreuungsmittelwerte
Die Berechnung des Personalschlüssels mit "Betreuungsmittelwert" wurde vom Statistischen Bundesamt wegen Ungenauigkeiten und Verzerrungen abgeschafft. Seit 1. März 2012 erfolgt die Berechnung deshalb mittels der tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten.
Die Stufen der "Betreuungsmittelwerte" führen zu Ungleichbehandlung zwischen KiTas. Durch geschickte Wahl der Betreuungszeiten gibt es Bevorzugungen, sonst Benachteiligungen. Aufgrund des Kostendrucks und Sparzwanges wählen aber viele Träger gerne die nachteiligen Zeiten (beispielsweise zwischen 30 und 35 Wochenstunden).
Bei sachgerechter Würdigung muss eine Verlängerung der Betreuungszeit einer Kitagruppe auch zu einer proportionalen Erhöhung der notwendigen Fachkraftstundenzahl führen. Einige Kita-Träger nutzen leider aus, dass man durch die sachwidrige Wirkung der "Betreuungsmittelwerte" bei einer Verlängerung der Betreuungszeit nicht mehr Personal vorhalten muss.
Betreuungsmittelwerte führen zur Verfälschung der erhobenen statistischen Daten. Dadurch wird die Aussagekraft der zurzeit laufenden Evaluation vermindert.
Dies zeigt, dass die Trägervertreter entweder die Sachwidrigkeit der "Betreuungsmittelwerte" in §25c HKJGB nicht verstanden haben oder diese bewusst zum Nachteil der Betreuungsqualität ausnutzen. Eine Abschaffung der "Betreuungsmittelwerte" ist daher dringend erforderlich und durch Anwendung der vom Statistischen Bundesamt seit 2012 verwendeten Berechnungsmethode sehr einfach realisierbar. Alternativ wäre natürlich auch die Rückkehr zur gruppenbezogenen Berechnung möglich. Eine diesbezügliche Entscheidung des Landesgesetzgebers ist mehr als überfällig.
Die Berechnung der Fachkraftstunden mit dem überflüssigen Betreuungsmittelwert führt nicht nur zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind. Sie veranlasst offenbar auch so manche Kommunalpolitiker, die Betreuungszeiten nach dem willkürlichen Raster auszurichten, das sich daraus nach § 25c HKJGB ergibt.
"In einer Gesprächsrunde haben sich Eltern deutlich gegen eine Umstellung auf mindestens sechs Stunden pro Tag als Minimum ausgesprochen, da dies einer doppelten Preiserhöhung gleichkäme."
Quelle: echo-online, "Kinderbetreuung, Wehr und betreutes Wohnen"
Dabei wäre eine Lösung dieses Problems sehr einfach möglich: Betreuungsmittelwerte abschaffen!
Aber nein, stattdessen wird diese sachwidrige Regelung im Gesetz häufig dazu benutzt, Personal zu kürzen. Ein typisches Beispiel zeigt die Pressemeldung links (Usinger Anzeiger vom 3. Juni 2015). Es kann nicht richtig sein, dass eine Verlängerung der Betreuungszeit stattfindet, ohne dass die Zahl der Personalstunden erhöht wird.
Letztes Update: 3. Juni 2015
Rechenfehler im "HessKiföG"
"Die Berechnung der Fachkraftstunden mit dem Betreuungsmittelwert führt zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind."
(Hess. Städte- und Gemeindebund)
Seit 1. Januar 2014 ist das mit "HessKiföG" geänderte Hess. Kinder- und Jugendhilfe-Gesetzbuch (HKJGB) in Kraft. Inzwischen merken auch die Kita-Träger, dass an diesem Gesetz etwas faul ist. Das betrifft besonders die Berechnungsvorschriften zur Personalbemessung (Fachkraftstunden nach § 25c HKJGB). Alle seit Anfang 2013 dazu wiederholt vorgetragenen kritischen Hinweise wurden bisher leider ignoriert.
Danach erhält beispielsweise eine Kindergartengruppe mit 26 Stunden/Woche Betreuungszeit mehr Fachpersonal als eine solche mit 35 Wochenstunden.
Berechnung nach § 25c HKJGB:
Kindergartengruppe 25 Kinder mit 35 Stunden Betreuungszeit wöchentlich:
30 Std x 25 Kinder x 0,07 = 52,5 Std zuzüglich 15% ergibt 60,37 Fachkraftstunden pro Woche
bezogen auf 35 Std/Woche entspricht das 1,725 Fachkräften
Kindergartengruppe 25 Kinder mit 26 Stunden Betreuungszeit wöchentlich:
30 Std x 25 Kinder x 0,07 = 52,5 Std zuzüglich 15% ergibt 60,37 Fachkraftstunden pro Woche
bezogen auf 26 Std/Woche entspricht das 2,32 Fachkräften
Der Hessische Städte- und Gemeindebund stellt zutreffend fest: "Es ist jedoch nicht ersichtlich, wieso eine Kindergartengruppe mit 26 Betreuungsstunden mehr Fachkräfte benötigt, als eine Kindergartengruppe mit 35 Stunden."
Einen Eindruck, wieso dieser überflüssige Betreuungsmittelwert überhaupt ins Gesetz hineingeschrieben wurde, vermittelt die Chronologie in der rechten Spalte.
Das "KiföG" in Hessen wurde im Jahr 2013 gegen alle gut begründeten Proteste beschlossen. Nun müssen viele - besonders kommunale - Kitas darunter leiden, weil deren Träger die Qualitätsstandards bis zum gerade noch zulässigen Maß herunter drücken (Kostendruck, Sparzwang). Nachfolgend seien die Mängel erläutert, deren Beseitigung dringend erforderlich ist.
Verzerrungen durch Betreuungsmittelwerte
Falsche Definition der Fachkraftfaktoren
Mogelpackung Vetretungsstunden
Reduzierung der Schwankungsreserve auf Null
Ungleichbehandlung bei Zuschüssen
Keine Regelungen zur Integration
Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards
1. Verzerrungen durch Betreuungsmittelwerte
Betreuungsmittelwerte wurden bis zum Jahre 2011 verwendet, um den Personalschlüssel in der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe zu berechnen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Betreuungszeiten in Stufen erfasst. Wegen der damit verbundenen Ungenauigkeiten und Verzerrungen wurde dieses Verfahren vom Statistischen Bundesamt abgeschafft und seit Stichtag 1. März 2012 durch die direkte Erfassung der wöchentlichen Betreuungszeiten je Kind als Dezimalzahl ersetzt.
Die im Jahr 2013 nach „KiföG“ in § 25c HKJGB definierten Betreuungsmittelwerte sind daher völlig überflüssig. Aus unerfindlichen Gründen sind aber dennoch Betreuungsmittelwerte im Gesetz vorgeschrieben. Sie bewirken Folgendes:
Bei ungünstigen Werten erfolgt eine zusätzliche Kürzung der Personalstunden.
Es erfolgt eine Ungleichbehandlung durch paradoxe Rechenergebnisse.
Durch diese Verzerrungen wird die Aussagekraft statistischer Erhebungen vermindert.
Nach § 25c HKJGB ist nicht die vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit, sondern ein willkürlich festgelegter Wert in die Berechnungsformel einzusetzen. Diese gesetzliche Regelung ist offensichtlich sachwidrig.
Zur Verdeutlichung der negativen Auswirkung des „Betreuungsmittelwertes“ sei nur darauf hingewiesen, dass statt der tatsächlichen Betreuungszeiten die willkürlich festgelegten „Betreuungsmittelwerte“ von 22,5 oder 30,0 oder 42,5 oder 50,0 in die Personalstundenberechnung eingesetzt werden müsssen.
Wie man in vorstehender Grafik sieht, werden Kinder mit Betreuungszeiten
über 22,5 bis zu 25 und über 30 bis zu 35 Stunden pro Woche (Pfeile) besonders benachteiligt, während andere Betreuungszeiten bevorzugt werden. Für Betreuungszeiten von beispielsweise 25 Stunden/Woche führt das zu einer Personalkürzung von 10 Prozent, bei 35 Stunden/Woche sind es sogar 14,3 Prozent. Eine Gleichbehandlung sieht anders aus.
So war die Betreuungszeit von 25 Stunden ein häufiges Modell für die Grundbetreuung. Wird diese durch 30 Stunden ersetzt, entsteht für Eltern, die nur die Vormittagsbetreuung nutzen möchten, ein Nachteil. Durch die Stufenfunktion werden Anreize gesetzt, nur besonders günstige Betreuungszeiten zu vereinbaren. Dadurch werden indirekt Öffnungszeiten beeinflusst, was während der Entstehungsgeschichte des Gesetzes bestritten wurde.
Taktische Überlegungen könnten dazu Anlass geben, die Grundbetreuung auf 26,5 Stunden zu verlängern (täglich eine Viertelstunde mehr), um in den Genuss einer besonders günstigen Situation bei den Landeszuschüssen und der Personalbemessung zu gelangen. Damit führt sich diese Vorschrift selbst ad absurdum.
Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund kritisiert inzwischen die verzerrende Wirkung des Betreuungsmittelwertes, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar ist (siehe Anhang). Was sich die Konstrukteure des Gesetzes dabei gedacht haben, bleibt allein deren Geheimnis.
Da die stufenfixierte Gestaltung des "Betreuungsmittelwertes" einerseits zu Benachteiligungen, andererseits zu Bevorzugungen führt, erscheint diese gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich bedenklich. Nach unserer Rechtsauffassung liegt hier ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor (Art. 1 HV, Art. 3 GG). Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Elternbeiträge. So können in der Praxis bei gleichem Elternbeitrag in einer KiTa des selben Trägers schlechtere Personalschlüssel vorliegen als in anderen KiTas, nur weil sich Betreuungszeiten bei besonders ungünstigen oder günstigen „Betreuungsmittelwerten“ zufällig häufen.
Daher muss der "Betreuungsmittelwert" abgeschafft und durch die tatsächlichen (vertraglich vereinbarten) Betreuungszeiten ersetzt werden. Im Übrigen wäre die Beseitigung dieses Mangels kostenneutral möglich.
2. Falsche Definition der Fachkraftfaktoren
Die Definition des Fachkraftfaktors 0,07 im KiföG für Kinder über 3 Jahren beruht (abgesehen von der Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards) zusätzlich auf der Fehlinterpretation des Faktors 1,75 Fachkräfte je Gruppe (gruppenbezogene Berechnung nach §1 der Mindestverordnung). Da es keine „Dreiviertelerzieherin“ gibt, begründet sich der Anteil von 0,75 damit, dass nicht die gesamte Zeit alle 25 Kinder anwesend sind. Es hat sich ein Durchschnitt von 20 bis 22 Kindern je Gruppe in der Praxis etabliert.
Wenn jedoch während der Gesamtzeit die höchstzulässige Anzahl von 25 Kindern anwesend sind, so ist es offensichtlich, dass auch während der gesamten Zeit mindestens 2 Fachkräfte zugegen sein müssen. Eine Erzieherin mit 25 Kindern allein zu lassen wäre unverantwortlich. Die Personal-Kind-Relation muss dann
wenigstens 2 : 25 betragen. Dementsprechend wäre der Fachkraftfaktor in diesem Fall auf mindestens 0,08 festzulegen (= 2 / 25) - und nicht, wie im HessKiföG, auf 0,07 (= 1,75 / 25).
Die Festlegung des Fachkraftfaktors auf 0,07 ist also deswegen fehlerhaft, weil der Faktor 1,75 bereits näherungsweise berücksichtigt, dass nicht alle Kinder während der gesamten Zeit anwesend sind.
Bei der kindbezogenen Berechnung wird nun anstatt dieses Näherungsfaktors die
individuelle Betreuungszeit zur Berechnung herangezogen, um die unterschiedlichen
Anwesenheiten abzubilden. Dann ist es jedoch mathematisch falsch, wenn man trotzdem
den Faktor 1,75 (bzw. den Fachkraftfaktor 0,07) benutzt. Es erfolgt also eine
Personalkürzung um durchschnittlich 12,5 Prozent.
Daher muss der diesbezügliche Fachkraftfaktor von 0,07 auf mindestens 0,08 angehoben werden. Analog gilt dies selbstverständlich auch für die U3-Betreuung.
Darüber hinaus sind die Berechnungsvorschriften unlogisch und inkonsistent. Die Mindestverordnung (§1 Abs. 2 MVO) sah noch ausdrücklich vor, dass die personelle Besetzung in Kindertageseinrichtungen mit nur einer Gruppe mindestens 2,0 Fachkräfte beträgt. Die Berechnungsformeln im KiFöG ignorieren diese Vorgabe. Lediglich in den Ausführungsbestimmungen zum HKJGB wird darauf hingewiesen.
Sodann berücksichtigen die Berechnungsvorschriften nicht die Randzeiten, wenn nur wenige Kinder anwesend sind, jedoch dann mehr Personal anwesend sein muss, als es die im Gesetz definierte Personal-Kind-Relation vorgibt. Schließlich stellen die Berechnungsvorschriften nicht darauf ab, wieviele Kinder im zeitlichen Verlauf gleichzeitig anwesend sind. Die zeitliche Lage der Betreuungszeiten wird in der Berechnung nicht beachtet.
3. Mogelpackung Vetretungsstunden
Eine Mogelpackung ist übrigens der angebliche Fortschritt durch die gesetzliche Vorgabe eines Ansatzes von 15 Prozent für Vertretung bei Urlaub, Krankheit und Fortbildung. Das ist nicht neu, denn bereits die Erläuterungen zur Mindestverordnung wiesen auf die diesbezügliche Notwendigkeit hin.
Die dort angegebenen Zeiten gelten als Nettowerte für die Arbeit mit dem Kind. Tatsächlich wurde aber durch die falsche Definition des Fachkraftfaktors (Mangel 2) eine Kürzung um 12,5 Prozent beschlossen, die dann durch den Zuschlag von 15 Prozent wieder neutralisiert wird. Ein Nullsummenspiel, das als Fortschritt verkauft wird.
4. Reduzierung der Schwankungsreserve auf Null
Die durchschnittlichen Gruppengrößen müssen auf 25 Kinder (über 3 Jahre) bis zum gerade noch zulässigen Maß erhöht werden, damit keine Kürzung der Fachkraftstunden erfolgt. Aus mathematischen Gründen ist es unmöglich, einen Durchschnitt in Höhe des obersten Grenzwertes zu erhalten. Die Fluktuation der Kinder (Standardabweichung) wäre dann gleich Null, was praxisfern ist. Es gibt immer Zu- und Abgänge und eine Schwankungsreserve für dringende Fälle ist erforderlich.
Das KiföG bestraft aber jedes Kind weniger mit einer Personalkürzung um 4 Prozent.
25 x 0,07 = 1,75
Jeder der Mängel 1 bis 4 mag für sich allein betrachtet nur geringe Auswirkungen haben, aber in der Gesamtwirkung können sie zu drastischen Kürzungen von bis zu 40 Prozent führen (wobei die Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards noch nicht einmal eingerechnet wurde).
24 x 0,07 = 1,68 (minus 4 Prozent)
23 x 0,07 = 1,61 (minus 8 Prozent)
22 x 0,07 = 1,54 (minus 12 Prozent)
21 x 0,07 = 1,47 (minus 16 Prozent)
20 x 0,07 = 1,40 (minus 20 Prozent)
Und wie bereits eingangs gesagt: Es gibt keine "Dreiviertelerzieherin".
5. Kommunale Träger erhalten weniger Zuschüsse als kirchliche oder sonstige freie Träger
Zuschüsse nach § 32 Abs. 2 HKJGB:
Für beispielsweise 45 Kinder ab 3 Jahren erhält eine städtische Kita
22 x 330 € = 7.260 €
23 x 440 € = 10.120 €
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Summe = 17.380 €
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Eine kirchliche oder sonstige freie Kita wird wie folgt bezuschusst:
22 x 500 € = 11.000 €
23 x 660 € = 15.180 €
-----------------------------
Summe = 26.180 € (also plus 51 Prozent)
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Kommunale Kitas stehen dadurch latent unter größerem Sparzwang.
6. Schlechte Regelungen zur Integration
Das Gesetz kennt keine direkten Regelungen zur Integration behinderter Kinder. Dazu gehören Aussagen zur Verkleinerung der Gruppengrößen und der besonderen Zuschüsse zur Integration. Der in § 32 Abs. 5 enthaltene Hinweis auf die Rahmenvereinbarung von 1999 ist unzureichend.
Die inzwischen ausgehandelte Vereinbarung zur Integration vom 01.08.2014 hätte von vorneherein in das Gesetz aufgenommen werden müssen. Es ist ein Armutszeugnis, dass das nicht geschehen ist. Dabei wurde während der Entstehungsgeschichte des "HessKiföG" immer wieder betont, man wolle alle Regelungen zur Kinderbetreuung in einem Gesetz bündeln.
Ein Gesetzentwurf (Drucks. 19/853, Stand: 12.11.2014), der diesen Mangel beseitigen wollte, wurde abgelehnt.
7. Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards
Prof. Fthenakis, der die Entwicklung des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplanes maßgeblich begleitet hat, begründet auf der Basis des Kinderbetreuungswerks der EU folgende pädagogischen Standards (vereinfachte Darstellung zitiert nach dem Redebeitrag von Prof. Dr. Angelika Ehrhardt bei der Kundgebung am 7. März 2013 in Wiesbaden):
1 Fachkraft für 3 Kleinkinder unter 1,5 Jahre
1 Fachkraft für 4 Kleinkinder unter 3 Jahre und
1 Fachkraft für 8 Kinder ab 3 Jahre bis Schuleintritt
Dass diese nicht eingehalten werden, ist offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung.
Die Fachkraftfaktoren müssten also eigentlich so festgelegt werden:
Kleinkinder unter 1½ Jahren: Fachkraftfaktor = 0,333 statt 0,2
Kleinkinder unter 3 Jahren: Fachkraftfaktor = 0,25 statt 0,2
Kinder ab 3 Jahren bis Schuleintritt: Fachkraftfaktor = 0,125 statt 0,07
Anhang: Stellungnahme des Hess. Städte- und Gemeindebundes
Verzerrende Auswirkung des Betreuungsmittelwertes
auf die Fachkraftstunden (§ 25c HKJGB)