Das Grundproblem


KiföG-Rechner Hessen

mit Integrationsvereinbarung


KiföG-Rechner extra

Hier können Sie prüfen, ob in Ihrer KiTa Nachteile durch Betreuungsmittelwerte auftreten.

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Foto: Antje Lex - www.perle-projekte.de

Veranschaulichung

bitte hier entlang ...

Dieses Tool ermöglicht eine anschauliche Darstellung des Zusammenhangs zwischen Betreuungszeiten und Fachkraftstunden im Zeitablauf. Die verzerrende Wirkung der "Betreuungsmittelwerte" wird deutlich.


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Grafik: Miriam Lohrum

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Chronologie

zum HessKiföG und mehr ...

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Letztes Update: 18. April 2018
CC-BY-SA, Udo Brechtel
Kinderbetreuung in Hessen

Qualität muss Vorfahrt haben

  1. Betreuungsmittelwerte abschaffen,
    Fachkraftfaktoren korrigieren und
    Rundungsregel einführen
    oder besser:
    zur Berechnung nach Gruppen zurückkehren
  2. Mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungstätigkeit vernünftig regeln
    (Unterschied Fachkraft-Kind-Relation zu Personalschlüssel beachten)
  3. Beitragsfreiheit darf nicht auf Kosten der Qualität gehen

Wer soll's bezahlen?

Gute Kitas kosten Geld

Dank der Kita-Offensive kommen immer mehr Kinder nach dem ersten Geburtstag ganztags in die Kita und verbringen dort einen erheblichen Teil ihrer ersten Lebensjahre. Zugleich belegen Studien ein Qualitätsproblem in vielen dieser Einrichtungen. Der ohnehin dürftige Betreuungsschlüssel erweist sich als fiktiv, wenn Krankheit, Urlaub und Personalfluktuation hinzukommen. Die verbliebenen Kräfte sind gestresst und ausgelaugt. All das muss Eltern missfallen.
Zugleich wachsen die Ansprüche, gerade auch der Mütter und Väter, was das Personal in Krippen und Kitas neben Windelnwechseln, Füttern, An- und Ausziehen, Streitschlichten, Kuscheln oder Trösten noch alles bieten sollte: schon die Kleinsten individuell fördern, ihre Kreativität wecken, nebenher sprachliche oder motorische Defizite erkennen und am besten auch noch auffangen.
Quelle: Kommentar in der taz von 2015, der immer noch aktuell ist.

Die Fakten

Ein Kindergartenplatz (3+) in Hessen kostet mindestens 7.000 Euro pro Jahr, dagegen müssen für einen Krippenplatz (U3) rund 20.000 Euro pro Jahr eingeplant werden. Das ist niedrig gerechnet, denn Mieten und Abschreibungen sind dabei nicht einkalkuliert.

Diagramm 1

Die Hessenschau berichtete im Sommer 2018 über die Stadt Gladenbach, wo Kosten von 7.700 Euro (3+) und 22.000 Euro (U3) pro Jahr und Kind kalkuliert werden (s. Diagramm 1, hr). Das ist durchaus realistisch, wenn alle Kosten wie Personal, Energie, Sachkosten, Mieten und Abschreibungen eingerechnet werden. In Gladenbach gehen rund zwei Drittel der Gesamtkosten zu Lasten der Stadtkasse. Gladenbach ist da kein Einzelfall, sondern eher ein Musterbeispiel.

Wie werden die Kosten aufgeteilt?

Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten: Der Bund beteiligte sich bisher nicht an den Betriebskosten, sondern nur an den Investitionen (Neubauten Kitas). Das "Gute-Kita-Gesetz" soll das voraussichtlich ändern.

Beispiel einer typischen Gemeinde in Hessen: Die Betriebskosten für alle Kitas betrugen im Jahr 2018 ungefähr 8 Millionen Euro (mit Mieten und Abschreibungen, ohne Baumaßnahmen). Diese Kosten haben steigende Tendenz, weil zusätzliche Krippenplätze (U3) eben mit mindestens 20.000 Euro je Kind und Jahr zu Buche schlagen werden (Grenzkosten). Weitere 100 U3-Plätze würden somit zusätzlich rund zwei Millionen Euro jährlich kosten. Dabei sind künftige Tarif-, Preis und Mieterhöhungen nicht berücksichtigt.

Die Gemeinde muss alleine rund 61 Prozent schultern (s. Diagramm 2). Das Land Hessen beteiligt sich mit 21 Prozent im Rahmen der Landesförderung, die Elternbeiträge lagen 2018 bei 13 Prozent. Der Trägeranteil beläuft sich auf 4 Prozent der Gesamtkosten, wobei nur die katholischen Kitas und eine evangelische Kita von den Kirchen bezuschusst werden (mit rückläufiger Tendenz). Die anderen Träger geben keinen Eigenanteil dazu. Es gab Spenden von etwa 1 Prozent der Gesamtkosten, darunter eine einmalige Großspende im fünfstelligen Bereich.[1]

Sind Einsparungen möglich?

Dazu muss man wissen, dass durch das HessKiföG bereits seit 2016/17 in vielen Kitas drastische Verschlechterungen der Personal-schlüssel erfolgt sind – eine absehbare Tatsache die in der Diskussion zum HessKiföG 2013/2014 geleugnet wurde. Die Personal-schlüssel liegen damit heute am unteren Limit dessen, was für eine gute Kinderbetreuung notwendig ist. Das Saarland und Hessen bilden bei den altersgemischeten Kita-Gruppen die Schlusslichter der westdeutschen Bundesländer (s. Diagramm 3).[4]
Der Personalkostenanteil mag für manche Politiker verlockend sein, um weitere Kürzungen vorzunehmen. Das wäre aber im Hinblick auf das Wohl der Kinder unverantwortlich. Will man den Beruf der Erzieherin attraktiver machen, so sind durch die propagierten Tariferhöhungen und Ausbildungsvergütungen eher Mehrkosten zu erwarten.


Diagramm 2

Bürgermeister schlagen Alarm

Landauf, landab beklagen seit Jahren viele Kommunalpolitiker den hohen Kostenanteil der Kommunen, der sich im Haushalt meist zum größten "Brocken" entwickelt hat. Aktuell ist das im Landkreis Darmstadt-Dieburg zu vernehmen: In einer Resolution fordern alle 23 Bürgermeister im Landkreis DA-DI vom Land finanzielle Unterstützung bei der Kinderbetreuung.[2] Die Plätze für U3- und Ü3-Kinder reichen schon jetzt nicht.
"Bund und Länder versprechen durch ihre Gesetzgebung den Eltern und Familien die Betreuung ihrer Kinder und überlassen es den Kommunen, dafür die Voraussetzungen zu schaffen."

"Mit dem Hessischen Kinderförderungsgesetz wird nur eine Minimalbetreuung der Kinder gefördert."


Christel Sprößler, Bürgermeisterin von Roßdorf[3]

Fazit

Der Protest der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist zu begrüßen – es wurde auch langsam Zeit! Wenn man Missstände beseitigen will, muss man sie sichtbar machen. Das Bundes-KiföG von 2008 schrieb den Rechtsanspruch ab einem Jahr fest. War das realistisch? Na ja, hinterher sind wir alle schlauer. Vielleicht wäre es besser gewesen, zunächst einen Rechtsanspruch ab zwei Jahren zu garantieren und dafür die Elternzeit (Elterngeld) auf zwei Jahre zu verlängern. Das war aber politisch nicht gewünscht.

Jetzt müssen eben andere Lösungen gefunden werden. Dazu gehört unbedingt eine stärkere Unterstützung durch den Bund. Im Endergebnis ist eine Drittelung der Betriebskosten zu fordern.
  • Bund: ein Drittel
  • Land: ein Drittel
  • Stadt/Gemeinde: ein Drittel
Sonst bleibt den Gemeinden keine andere Wahl als entweder Steuern oder Elternbeiträge zu erhöhen. Verständlich, wenn die Eltern letzteres nicht gut finden. Die "Prügel" stecken dann aber nicht die Politiker in Bund und Land ein, sondern die Kita-Leitungen vor Ort. Diese müssen nämlich die Änderungen der Betreuungsverträge mit den Eltern verhandeln.

Im Übrigen ist eine Abschaffung des Flickenteppichs mit 16 unterschiedlichen Systemen zur Personalbemessung dringend erforderlich. Es darf nicht so bleiben, dass eine Fachkraft in Mecklenburg-Vorpommern fast doppelt so viele Kinder betreuen muss wie in Baden-Württemberg (s. Diagramm 3).[4]
Diagramm 3 (Gruppen von 2 bis 8 Jahren ohne Schulkinder)

Belege


Letztes Update: 25. Oktober 2019

Erklärvideos der Bertelsmann-Stiftung

Personalschlüsselberechnung

In diesem Video wird der
Berechnungsmodus erläutert. Die davon zu unterscheidende Fachkraft-Kind-Relation wird anschaulich dargestellt.



Übrigens wird hier deutlich, dass sogenannte "Betreuungsmittelwerte" für die Personalbemessung nicht notwendig sind. Diese sind offenbar nur aus Unkenntnis der mathematischen Zusammenhänge in das HessKiföG hineingeschrieben worden (Begründung in der Chronologie).

Empfehlung:

Personal-
schlüssel
Fachkraft-
Kind-
Relation
Krippe: 1 : 3 1 : 4
Kindergarten:1 : 7,51 : 10




Zeit für Leitungstätigkeit

Kita-Leitungen haben viel zu tun: Das pädagogische Konzept weiterentwickeln, eine neue Fachkraft einstellen und eine besorgte Mutter beruhigen - es gibt noch mehr Aufgaben, die wichtig sind für die Qualität einer Kita. Dazu wären bundesweite Standards notwendig.

Dieses Video bietet eine leicht verständliche Darstellung der Zusammenhänge.



Empfehlung Leitungszeit:



Letztes Update: 13. Juli 2018

Verzerrungen und taktische Tricks

Betreuungsmittelwerte abschaffen

Ich begleite nun bereits seit 5 Jahren den Diskussionsprozess zum hessischen KiföG. Glauben Sie mir, ich kenne mich mit den Mängeln dieses Gesetzes inzwischen sehr gut aus.

Einer davon sind die "
Betreuungsmittelwerte". Diese wurden bereits in den ersten Beratungen zum KiföG (2012/13) scharf kritisiert. Nichts ist passiert. Ich bin nicht der Einzige, von dem die Kritik kommt. Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund schreibt in einer Stellungnahme (2014): "Die Berechnung der Fachkraftstunden mit dem Betreuungsmittelwert führt zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind. (...) Aus diesen Gründen sollte die Berechnung mit dem Betreungsmittelwert nochmals überdacht und evtl. eine andere Berechnungsmethode erarbeitet werden." Erneut passiert nichts. Dann kam der Evaluationsbericht (2016). Dort wurde die Kritik ebenfalls deutlich: Experten fordern die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte. Wieder ist nichts passiert. Aus gut unterrichteten Kreisen verlautete dann, die Landesgrünen würden sich dafür einsetzen, die Problematik der Betreuungsmittelwerte zu lösen. Nun, man ahnt es bereits, wiederum passiert nichts. Es ist offenbar so, dass die CDU mit Herrn Grüttner nicht bereit ist, diesen Mangel zu beseitigen. Dieses Aussitzen und Ignorieren ärgert mich!

Wenn ich zum Bäcker gehe, möchte ich qualitativ hochwertige Brötchen, beim Floristen erwarte ich qualitativ hochwertige Blumengestecke und bei der Installation unserer neuen Brennwertheizung erhielten wir kürzlich sehr gute Qualität. Die Aufgabe der Politik wäre es, qualitativ hochwertige Gesetze zu produzieren, die sachgerecht sind. Der Macht- und Verteilungskampf verhindert das leider oftmals. Jetzt einfach zu resignieren, wäre aber falsch. Inzwischen wird der "Murks" mit den überflüssigen Betreuungsmittelwerten immer mehr auch von CDU-Politikern eingeräumt:


  (Günther Eckert, CDU)

Vorschlag an die CDU: Vor dem nächsten Gruppenfoto mit Ihrem Landtagsabgeordneten sollten Sie ihm die unbefriedigende Situation bei der fehlerhaften Berechnungsmethode mit "Betreuungsmittelwerten" darlegen und auf eine baldige Änderung drängen. Die richtige Lösung wäre die Abschaffung derselben, so wie das Experten im Evaluationsbericht zum HessKiföG fordern.


  (Renate Battenberg, B'90/Grüne)

Eine gute Übergangslösung für das Problem der Betreuungsmittelwerte bietet auch der Änderungsantrag (Vorlage 2909-2015/DaDi) zum Papier "Qualität der Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen" des LADADI. Die CDU im Kreistag hatte dem Änderungsantrag am 28.09.2015 zugestimmt (s. Protokoll, Beschluss zu TOP 19.1.).


  (anonym)

Sehr geehrter Herr Grüttner, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Hessischen Landtages, bitte schaffen Sie endlich die Betreuungsmittelwerte im HessKiföG ab.

Dokumentation



Letztes Update: 9. Juni 2018

Zitatquellen: Grüne LADADI, Babenhäuser Zeitung

Rechenfehler im KiföG

Fachkraftfaktoren korrigieren


Animation vergrößern ...
Bei der Umrechnung der Personalbemessung nach Gruppen (MVO 2008) in die Berechnung nach Anzahl der Kinder (HessKiföG) wurden aus meiner Sicht Fehler gemacht, die korrigiert werden müssen. Es ist interessant zu sehen, dass ausgerechnet die FDP, die seinerzeit alle Argumente abblockte, jetzt einen Gesetzentwurf (Drs. 19/6283) mit fast exakt dieser geforderten Korrektur der Fachkraftfaktoren vorlegt (mal von der dringend notwendigen Abschaffung der Betreungsmittelwerte abgesehen). Aber warum erst ab 2024? Und warum ist der Zuschlag für mittelbare pädagosche Arbeit von 10 Prozent bis 2023 befristet? Offenbar eine Mogelpackung.

Es fällt uns Menschen nicht leicht, Fehler einzugestehen. Die von Herrn Reuscher im Frühjahr 2013 überraschend vorgetragene Einsicht, dass "handwerkliche Fehler gemacht" wurden, vedient daher großen Respekt! Ob seine Partei dies auch so sieht, halte ich allerdings für fraglich. Offenbar geht es wohl mehr um Stimmenfang bei der Landtagswahl am 28. Oktober 2018.

Dokumentation


Letztes Update: 3. August 2018

... denn sie wissen (nicht), was sie tun

Babenhäuser Parlament diskutiert über Kinderbetreuung

BABENHAUSEN - [...]
Ob die Finanzierung der Beitragsfreistellung der Eltern durch die hessische Landesregierung tatsächlich alle Kosten deckt, war ein weiterer Themenkomplex, der diskutiert wurde. Knoke stellte die Vermutung in den Raum, dass manche Eltern gelockt durch die Beitragsfreiheit eine Betreuungsflatrate, also für neun Stunden, buchen würden, obwohl sie noch gar nicht sicher seien, ob ihr Kind diese Zeit tatsächlich in Anspruch nehmen wird. Diese Betreuungsform wäre allerdings oft finanziell günstiger, als das, was sie bis jetzt bezahlt hätten. Folge für die Stadt wären dann allerdings höhere Kosten, weil auch mehr Erzieherinnen eingestellt werden müssten.

Dies hatte Knoke in dem letzten verhandelten Punkt ohnehin gefordert. Die Grippewelle des vergangenen Winters habe katastrophale Personalengpässe bis zu Notschließungen von Einrichtungen aufgezeigt. Deshalb forderte Knoke, vier Auszubildende im letzten Ausbildungsjahr einzustellen, diese würden als zwei Fachkräfte gerechnet und die Personalnot lindern. Obwohl die CDU vorher Qualitätsverbesserungen bei der Betreuung gefordert hatte, wollte sie diesem Antrag nur zustimmen, wenn sich dadurch die Kosten nicht erhöhten. Wie das funktionieren soll, erklärte die CDU nicht. Dennoch stimmte die Mehrzahl der Stadtverordneten für diesen CDU-Änderungsantrag.

Quelle: Darmstädter Echo vom 11. Mai 2018

Letztes Jahr hatte die CDU mit FW und FDP in Babenhausen durchgesetzt, dass die Qualität in den Kitas (Personalschlüssel) - soweit wie nur irgend möglich - verschlechtert worden ist, um auf Kosten der Kinder zu sparen.

Nun gehen diese Spielchen um den "Schwarzen Peter" weiter. Die Vermutung von Bürgermeister Knoke zum steigenden Betreuungsumfang halte ich für durchaus realistisch. Die reflexartige Reaktion der "Kürzungsfraktion" dagegen ist aus meiner Sicht haarsträubend, weil sie unvermeidbar höhere Kosten nicht wahrhaben will.

Die Landtagswahl im Oktober lässt grüßen. Politik ist Macht- und Verteilungskampf und nicht logisch. Manche Politiker glauben offenbar, man müsse dafür die Kunst der tatsachenverdrehenden Rhetorik beherrschen. In den fünf Jahren intensiver Auseinandersetzung mit dem Gesetzgebungsprozedere beim KiföG Hessen habe ich ständig solches Zeug erlebt – und nicht nur dort.

Und dann soll es immer noch Leute geben, die darüber nachgrübeln, wo die Politik(er)verdrossenheit wohl herkommt ...

Stand: 11. Mai 2018 (Mamertus)

Verdrehte Tatsachen

Mit Betreuung unzufrieden

Kita-Eltern bemängeln Qualität der ASB-Einrichtungen

[Anm.: Aha, jetzt bekommt der ASB den Schwarzen Peter zugeschoben]

BABENHAUSEN - [...]
Viele Eltern sind derzeit nicht zufrieden mit der Qualität der Betreuung in den vom ASB betriebenen Kindertagesstätten. Der Gesamtelternbeirat hat reagiert und ein entsprechendes Schreiben an die Stadt geschickt.
[...]
Wie die Elternvertreter Claudia Federenko und Andreas Heymann auf Nachfrage berichten, haben die durch die Krankheitswellen Anfang des Jahres ausgelösten Personalengpässe zu einer großen Verunsicherung bei den Eltern geführt. Zudem bemängeln sie, dass die Qualität der Betreuung zuletzt gesunken sei. Als Beispiele führen sie an, dass kaum noch Ausflüge stattfinden und die größeren Kinder würden nicht mehr ausreichend auf die Zeit in der Grundschule vorbereitet.

Voll des Lobes sind Federenko und Heymann hingegen über die Zusammenarbeit mit der Lokalpolitik. Vor allem die eingerichtete AG Kita-Konsolidierung erarbeite gute Ergebnisse. Sie war vor zwei Jahren eingerichtet worden, um den städtischen Zuschussbedarf zu senken und neue Gebühren- und Betreuungsmodelle zu entwickeln. „Die Politik steht hinter dem Ziel, den Eltern eine gute Betreuung zu gewährleisten“, berichtet Heymann. [Anm.: Sind Sie da ganz sicher?]

In einer Mitteilung beziehen die beiden CDU-Abgeordneten Monika Heinlein und Günther Eckert nun dazu Stellung. „Seit März herrscht großer Unmut bei den Eltern, deren Kinder in den ASB-Kitas unserer Stadt betreut werden. Personalausfälle in erheblichem Umfang sorgten jüngst für teilweise chaotische Zustände.“ Eltern, die aufgrund beruflicher Notwendigkeiten die Betreuungszeiten ihrer Kinder ändern wollten, seien abgewiesen worden. Andere Eltern seien vom Kita-Personal gebeten worden, ihre Kinder wieder mit nach Hause zu nehmen, da die erforderliche Betreuung nicht mehr gewährleistet war.

Quelle: op-online, 29. Mai 2018

Ursache für schlechte Qualität

Es ist einfach nur noch haarsträubend, wie hier die Tatsachen verdreht werden. Die Ursache für die Verschlechterung sind doch offensichtlich die Sparbeschlüsse und die damit einhergehende Zeitmodellplanung.

Letztes Update: 29. Mai 2018

Qualität muss Vorfahrt haben

Teilweise Beitragsfreiheit belastet Kommunen

Das beschlossene Gesetz von CDU und Grünen zur teilweisen Beitragsfreistellung für Kinder über 3 Jahre ist aus meiner Sicht eine Mogelpackung. Grund: die finanzielle Belastung der Gemeinden wird nicht gesenkt, sondern je nach Einzelfall um bis zu 2 Prozentpunkte erhöht. Und das bei einem Kostenanteil von etwa 65 bis 70 Prozent, den die Städte und Gemeinden stemmen müssen. So entsteht Druck auf die Kommunalpolitiker, die Qualität zu verschlechtern.

Das Gegenteil wäre notwendig gewesen, um den Beruf der Erzieher attraktiver zu machen und damit dem Personalmangel entgegen zu wirken. Der fachlich bessere Gesetzentwurf der SPD für Qualitätsverbesserungen wurde von der Regierungskoalition in Wiesbaden heute abgelehnt. Auch ähnliche Vorschläge der Linken wurden schon früher verworfen.

Der SPD-Vorschlag sah die Rückkehr zur gruppenbezogenen Personalbemessung und vernünftige Zuschläge für mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungstätigkeiten vor. Außerdem wäre mit der einfach zu berechnenden Übernahme von zwei Dritteln der Gesamtkosten durch das Land der vielfach kritisierte bürokratische Aufwand beseitigt worden, den das von CDU und FDP beschlossene HessKiföG seit 2014 verursacht hat.

Späte Einsicht oder Stimmenfangpolitik?

Möglicherweise werden die Karten jetzt neu gemischt. Am 17. April 2018 brachte die
FDP einen Gesetzentwurf ein, der die Fachkraftfaktoren nach dem HessKiföG § 25c korrigieren soll, und zwar Als Soll-Bestimmung wird ein Zuschlag von 10 Prozent für mittelbare Arbeitszeiten und in Kitas mit drei Gruppen wird eine halbe Stelle für Leitungstätigkeiten anvisiert. Außerdem wird unter anderem die bisher fehlende finanzielle Förderung längerer Betreuungszeiten über 45 Stunden pro Woche und in Aussicht gestellt. Die durch die Erhöhung des Fachkraftfaktors, die Anrechnung der mittelbaren pädagogischen Arbeit und eine Freistellung von Leitungskräften entstehenden Kosten solllen vom Land Hessen übernommen werden.

Der Haken

Zunächst klingt der FDP-Vorschlag erfreulich, denn damit wäre ein Teil unserer Petition realisiert. Der Haken: Die Korrektur der Fachkraftfaktoren soll erst ab dem Jahr 2024 gelten und die überflüssigen und verzerrenden Betreuungsmittelwerte für die Personalbemessung werden nicht aufgegeben. Außerdem gilt der Zuschlag von 10 Prozent nur bis 2023 – also wieder mal eine Mogelpackung. Ich wäre fast selbst darauf hereingefallen.

Verwunderlich, dass die FDP jetzt in der Opposition so etwas vorschlägt, was sie früher abgelehnt hat. Es werden noch Wetten angenommen, ob sich hier eventuell eine Jamaika-Koalition für Hessen anbahnt oder nicht.

Diskussion darf nicht verstummen

Wie dem auch sei, die Diskussion über Nachbesserungen an den Mängeln des KiföG darf nicht verstummen. Dies wurde auch am 18. April 2018 auf der Landespressekonferenz der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. und in der parlamentarischen Anhörung von Anfang März erneut deutlich.

Letztes Update: 3. August 2018

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag


Quelle: Darmstädter Echo

Aus der Anhörung zu den konkurrierenden Kita-Gesetzentwürfen von CDU/Grünen einerseits und SPD andererseits, die am 8. März 2018 stattfand, möchte ich hier einige Zitate aus dem
stenografischen Bericht veröffentlichen, die mir bemerkenswert erscheinen:

Bezogen auf die Kosten bleiben wir insbesondere bei unserer Position, dass das Drittelmodell, das vor einigen Jahren erfunden worden ist, gelebt werden möchte. Die Kommunen sind gerne bereit, ein Drittel der Kinderbetreuungskosten zu übernehmen, der Bund steuert seinen Anteil bei, und das Land möge dies aus originären Landesmitteln bitte auch tun. Das deckt sich durchaus mit Vorstellungen der SPD, darauf möchte ich ausdrücklich verweisen.

(Herr Gieseler, Hessischer Städtetag)
Eine Kitaleiterin sagte einmal auf einer Diskussionsveranstaltung: Uns sind die Kinder und die Eltern so wichtig, dass wir trotz knapper Besetzung vieles möglich machen. – Gleichzeitig gaben laut der gestern veröffentlichten Studie mit dem Namen „Die Kita-Leitung im Zentrum der Qualitätsdebatte“ 80 % der befragten Kitaleitungen an, dass sie sich von der Politik mangelhaft wahrgenommen fühlen und sich ihre Bedingungen verschlechtern. Das ist eine Perspektive, wie wir über Fachkraftmangel nachdenken. Ich bin mir sicher, dass es sich hier nicht um Kommunikations- oder Vermittlungsprobleme handelt, sondern der gesellschaftlich und politisch anerkannten Bedeutung der Kindertageseinrichtungen müssen entsprechende fachliche und qualitative Aspekte folgen.
[...]
Erstens: mehr Zeit für Kinder. Eine Trägervertreterin führte dazu auf einer unserer Veranstaltungen aus: Da wird drei Jahre lang mit großem Aufwand das Hessische KiföG evaluiert, wichtige Fachverbände geben Stellungnahmen ab, Experten werden angehört, und nichts passiert, obwohl deutlicher Nachbesserungsbedarf erkennbar ist. – Ich bin nicht ganz der Meinung dieser Kommentatorin. Denn mit der von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU angestrebten Erhöhung der Qualitätspauschale und der Fachberatungspauschale passiert schon etwas, was wir nicht gering schätzen.

Das zeigt aber die Problematik auf, die in der Evaluationsstudie deutlich wird, dass nämlich die erforderlichen Zeiten für Leitung, Vorbereitung der mittelbaren pädagogischen Arbeit und Ausfälle von der direkten Kinderbetreuung abgezogen werden, wenn sie nicht zwischen Trägern und Kostenträgern vereinbart werden können. Und nicht selten können sie eben nicht vereinbart werden. Wir favorisieren daher die klare Regelung im Gesetzentwurf der SPD dazu. Es darf nicht den regionalen Gegebenheiten überlassen werden, ob diese Zeiten als Personalausstattung anerkannt werden oder nicht. Diese Zeiten gehören nach unserer Auffassung heute zur Mindestausstattung einer Kita.

Zweitens: Kinder mit Behinderung. Aus der Sicht der Liga sind die Versuche, die Systeme des KiföG und die Regelungen der Rahmenvereinbarung Integrationsplatz in Übereinstimmung zu bringen, auch durch die seinerzeit erhöhte Landespauschale nicht gelungen. Eine Mutter hat sich im Netz zur Integration ihres Sohnes geäußert: Mein Sohn ist mit einer Trisomie 21 geboren. Während eines dreimonatigen Praktikums habe ich im Regelkindergarten erlebt, wie sich zu wenig Personal und zu viele Kinder in einer Gruppe auswirken. – Ich möchte nur darauf aufmerksam machen und nachdrücklich darauf hinweisen, dass wir die Regelungen zur Integration von Kindern mit Behinderung in das Gesetz aufnehmen müssen.

Auf handwerkliche Fragen möchte ich aufgrund der Zeit nicht eingehen.

(Herr Hartmann-Lichter, Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.V.)
Herr Merz, zu Ihrer Frage nach dem Mittagessen: Denkbar wäre, dass wir die Kinder voneinander getrennt durch die Essenssituation führen, indem die, die bis sechs Stunden da sind, ihr mitgebrachtes Bütterchen verzehren, während die anderen, die mehr als sechs Stunden da sind, in der Einrichtung ein entsprechendes Essen bekommen. Das hielten wir für unhaltbar. Eine Zweiklassengesellschaft in Sachen Mittagessen aufgrund dieser Situation lehnen die Evangelischen Kirchen in Hessen ab.

(Frau Herrenbrück, Evangelische Kirchen in Hessen am Sitz der Landesregierung)

Quelle: Pressegrafiken Bertelsmann-Stiftung [Anm.: Ich habe mir erlaubt, das rechte Bild (Krippengruppen) in der Stufung >=4,0 und >= 4,5 neu einzufärben. Die Daten werden dadurch selbstverständlich nicht verändert, jedoch wird die starke Streuung deutlicher.]

Nach dem Ländermonitoring ist auch festzustellen – immer basierend auf der KJH-Statistik –, dass der Personalschlüssel für den U3-Bereich zum Stichtag 2016 bei 1 zu 3,8 lag und wir auch zum 1. März 2017 keine Veränderung bzw. eine marginale Verschlechterung auf 1 zu 3,9 feststellen konnten. Ähnlich stellt sich die Entwicklung bzw. der Status quo für die älteren Kinder dar. Dort lag der Personalschlüssel bei 1 zu 9,6 bzw. 2017 bei 1 zu 9,7, also keine Veränderung bzw. eine marginale Verschlechterung.

Hinzu kommt: Mithilfe der KJH-Statistik können wir aufzeigen, dass die Situation zwischen den Kreisen in Hessen erheblich schwankt. Ich möchte hier beispielhaft die Personalschlüssel für die älteren Kinder, also ab drei Jahren, nennen. Der beste Kreis hat einen Personalschlüssel von 1 zu 7,6, der schlechteste von 1 zu 11,9.

Warum sind die Personalschlüssel so wichtig, bzw. wo ist ihre Aussagekraft eingeschränkt? Vor dem Hintergrund der gelaufenen Diskussion möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Personalschlüssel – so wie sie auf der Grundlage der Statistik ausgewiesen werden können – sämtliche Arbeitszeiten umfassen.

Wenn ich den Vorschlag der SPD zugrunde lege, dass 20 % für Ausfallzeiten und 20 % für die mittelbare pädagogische Arbeitszeit zu berücksichtigen sind – das ist ein fachlich sicherlich unumstritten angemessener Vorschlag –, diese Zahlen auf die jetzige Personalsituation beziehe und berechne, wie viel Zeit für die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern zur Verfügung steht, dann kann man davon ausgehen, dass die Fachkraft-Kind-Relation für die Kinder ab drei Jahren aktuell bei 1 zu 16 liegt.

Vor diesem Hintergrund möchte ich hervorheben, dass folgender Punkt für die fachliche Diskussion unbedingt zur Kenntnis zu nehmen ist: Unzureichende pädagogische Personalbedingungen wirken sich nicht nur negativ auf die pädagogische Qualität aus. Für die Kinder passiert quasi nicht nichts, sondern wir wissen aus der Forschung sehr wohl, dass beispielsweise die Interaktionsqualität nur gehalten werden kann, wenn entsprechende Rahmenbedingungen vorhanden sind, bzw. die Interaktionsqualität sinkt, wenn die Personalschlüssel aus fachlicher Sicht unzureichend sind.

Es wurde immer wieder auf die Bedeutsamkeit von Kindertageseinrichtungen für die Sprachbildung hingewiesen. Wir wissen aus der Forschung, dass mit schlechten Personalschlüsseln die Möglichkeiten zum Dialog mit den Kindern ungleich sinken und deshalb auch die Sprachbildung vernachlässigt wird. Das heißt – und das möchte ich noch einmal ganz deutlich hervorheben –, dass sich eine schlechte Qualität in den Einrichtungen nachgewiesen negativ auf die Kinderentwicklung auswirken kann.

(Frau Bock-Famulla, Bertelsmann-Stiftung)
Bis zu sechs Stunden sind freigestellt. Das heißt, insofern besteht für die Kommunen keine Pflicht, die sechste Stunde auch freizustellen. Deswegen ist es keine konnexitäre Angelegenheit. – Ja, die Herren nicken schon. So macht man es sich natürlich sehr einfach, weil man weiß, dass vor Ort der politische Druck und auch Druck durch die Eltern entsteht. Wenn in der einen Kommune die sechs Stunden gewährt werden, wird die Forderung in der Nachbarkommune mit Sicherheit auch gestellt. Es wird auf Dauer also nicht durchzuhalten sein, das nicht zu machen. Im Grunde ist es konnexitär, aber über den Umweg der Freiwilligkeit gesetzlich nicht so richtig zu greifen.
[...]
Das Land Hessen hat bislang immer als Zielvorgabe für die Höhe der Elternbeiträge die Ein-Drittel-Deckung ausgegeben. Dies wird durch den neuen § 32c Abs. 2 Nr. 2 [Anm.: Entwurf von CDU/Grünen] ad absurdum geführt. Wir haben uns als Stadt Rauschenberg seit 2015 auf den Weg gemacht und diese Ein-Drittel-Deckung durch Elternbeiträge erreicht. Für 2018 bedeutet dies, dass wir für die Vormittagsbetreuung einen Kostenbeitrag von den Eltern in Höhe von 153 € und für die Nachmittagsbetreuung in Höhe von 101 € nehmen müssen.
Jetzt kommt der entscheidende Satz: Tatsächlich erstattet uns das Land ab 1. August 135,60 € für sechs Stunden Freistellung, Vormittagsbetreuung. Für die Nachmittagsbetreuung darf ich nach dem jetzigen Gesetzeswortlaut maximal 79 € nehmen, müsste aber, um die Ein-Drittel-Deckung zu erreichen, 101 € festlegen.
[...]
Die 135,60 € sind unseres Erachtens nur dadurch zustande gekommen, dass man aus den niedrigen Elterngebühren, die bei den Kommunen letztlich zu Defiziten führen, einen Durchschnitt gebildet hat. Es handelt sich also um einen Durchschnitt aus Gebühren, die ohnehin nicht kostendeckend sind oder zumindest nicht der Ein-Drittel-Regelung entsprechen. Insofern ist das kein auskömmlicher Betrag.
[...]
Die Rückkehr zur gruppenbezogenen Bemessung[Anm.: Entwurf der SPD] wird von uns grundsätzlich begrüßt. Aber hier besteht die Gefahr, dass wir, was die Fachkraft-Kind-Relation anbelangt, erheblich mehr Fachkräfte brauchen, nach vorläufigen Schätzungen bis zu 3.500.

(Herr Schelzke, Hessischer Städte-und Gemeindebund)

Soweit meine Auswahl an Stellungnahmen, die meines Erachtens für sich sprechen. Die vollständigen schriftlichen Stellungnahmen der Fachverbände können mit folgendem Link heruntergeladen werden:
Sozial- und Integrationspolitischer Ausschuss – Anhörungen zu Kinder- und jugendrechtlichen Vorschriften, Donnerstag, 08.03.2018, 14:00 Uhr

Letztes Update: 13. April 2018

An der Nase herumgeführt

Man muss sich das einmal vorstellen: Da wird drei Jahre lang mit großem Aufwand evaluiert, wichtige Fachverbände geben Stellungnahmen ab, Experten werden angehört und nichts passiert, obwohl deutlicher Nachbesserungsbedarf erkennbar ist. "Wir danken Ihnen für Ihre Hinweise ... seien Sie versichert, dass wir dies alles sehr sorgfältig prüfen werden." Nur aalglatte Rhetorik, aber passiert ist nichts. Hinhaltetaktik.

Die Grünen waren Anfang der 1980er Jahre angetreten, "verkrustete Strukturen" aufzubrechen. Der bekannte Naturwissenschaftler Hoimar v. Ditfurth unterstützte sie damals. An einige markante Sätze - in anderem Zusammenhang, aber durchaus passend - erinnere ich mich:
"Jeder der Abgeordneten, die da ihre Stimme abgeben, ist nach Recht und Gesetz und sicher auch nach eigener Überzeugung einzig und allein seinem Gewissen verantwortlich. Und dann stimmen sie ab - Fraktion für Fraktion als geschlossener Block, als wenn alle Gewissen je nach Parteizugehörigkeit in diesem Augenblick im gleichen Takt schlügen. Ich will das gar nicht kritisieren. Ich erwähne es nur als augenfälliges Beispiel für den in der Welt der Politik herrschenden unwiderstehlichen Zwang zur Solidarisierung mit der von der Mehrheit des eigenen Lagers vertretenen Meinung. Angesichts eines kritischen Vorhalts oder Gegenarguments ist die sofortige Widerlegung, das "Abschmettern" des Einwands, die wichtigste Tugend eines auf seine Karriere bedachten Politikers, nicht etwa die Bereitschaft hinzuhören oder gar die, sich umstimmen zu lassen." - Hoimar v. Ditfurth in einer Replik auf Heiner Geißler, 1983
Seinerzeit wurde ich zum Fan der Grünen. Ich fürchte, damit ist jetzt Schluss - zumindest in Hessen. Heute sind die Grünen ein Teil der früher bekämpften "verkrusteten" Strukturen.

Zurück zum HessKiföG: Die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und die Anhebung des Fachkraftfaktors für über dreijährige Kinder auf 0,08 wäre das Mindeste gewesen - auch bei pragmatischer Sichtweise. Stattdessen präsentieren CDU und Grüne einen Gesetzentwurf, der alle Mängel in § 25c so belässt, wie sie sind. Lediglich die BEP-Pauschale soll bis zum Jahr 2020 auf 300 Euro pro Jahr erhöht werden. Das kann man in einer Politikerrede gut "verkaufen" als "Verdreifachung" einer Pauschale, aber die Verdreifachung von fast nichts ist immer noch fast nichts!

Da lobe ich mir den Gesetzentwurf der SPD, auch wenn er noch einige Ungereimtheiten enthält. Ich hoffe, die SPD ist selbstkritischer und bessert ihren eigenen Entwurf bei der Gruppengröße für altersgemischte Gruppen nach. Ansonsten ist die Rückkehr zur Personalbemessung nach Gruppen ganz klar zu begrüßen. Damit wäre all jener bürokratischer Müll, der in der Evaluation kritisiert wurde, mit einem Schlag beseitigt. Gut so!

Zur Beitragsfreiheit: Das ist populär und auch durchaus zu begrüßen, weil damit die sehr unterschiedlichen Elternbeiträge beseitigt und ein Stück Bürokratie bei der Beantragung von Kostenübernahmen beim Jugendamt abgebaut wird. Aber es darf nicht zu Lasten der Qualität gehen und muss finanzpolitisch korrekt abgesichert werden. Beim Sechs-Stunden-Modell von CDU und Grünen kommt es zu Kollisionen mit dem überflüssigen Zwangsraster der Betreuungsmittelwerte, was einmal mehr deren Unsinnigkeit bezeugt. Soweit meine Gedanken zum Thema.

Ich wünsche allen Lesern eine geruhsame Weihnachtszeit und ein neues Jahr in Gesundheit.
Udo Brechtel

Letztes Update: 20. Dezember 2017

Lücke im Gesetz

Babenhausen spart auf Kosten der Kinder

BABENHAUSEN - Runter mit den Kosten für Kinderbetreuung, doch die Qualität in den Babenhäuser Betreuungseinrichtungen erhalten. Mit diesem Balaceakt befasste sich die Kita-Konsolidierungs-AG, [...]
[...]
Was ändert sich? Das flexible Kinderbetreuungsmodell mit einer Kernbetreuungszeit plus zubuchbaren Leistungen ist Geschichte. Künftig wählen Eltern für ihren Sprössling unter fünf Modellen aus: 25, 30, 35, 44,5 oder 47,5 Wochenstunden in der Kita – damit haben sich Familien für ein Jahr festgelegt. Auf diese Weise, so Bürgermeister Joachim Knoke (SPD), würden Personalkosten gesenkt.
[...]
Quelle: Darmstädter Echo vom 29. April 2017

Die Kosten senken und gleichzeitig die Qualität erhalten - das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die Politik nutzt eine Lücke im Gesetz vorsätzlich aus, um die Zeiten für die Personalbemessung - so stark wie nur irgendwie möglich - zu kürzen. Es ist klar ersichtlich, dass die Qualität darunter leidet.
tatsächlichlaut HessKiföGAnmerkungen
25 22,5 minus 10 %
30 30 plus/minus 0
35 30 minus 14,3 %
44,542,5 minus 4,5 %Hier wurde peinlichst vermieden, den tatsächlichen Wert auf 45 zu legen, weil dann ein Betreuungsmittelwert von 50 gilt.
47,550 plus 5,3 %Das kann die Defizite bei den anderen Zeiten nicht ausgleichen.
Zeiten in Stunden pro Woche
Die Stadt hat die Betreuungszeiten so festgelegt, dass die "Betreuungsmittelwerte" des umstrittenen HessKiföG überwiegend deutlich niedriger liegen. Das hat mit einer sachgerechten Personalbemessung nichts mehr zu tun. Hier wird die verzerrende Wirkung der "Betreuungsmittelwerte" bewusst ausgenutzt, um auf Kosten der Kinder Geld zu sparen.

Der hessische FDP-Landtagsabgeordnete Wilhelm Reuscher aus Dieburg räumte überraschend ein, dass „handwerkliche Fehler beim Gesetz“ im Vorfeld gemacht worden seien.
Quelle: vorderer-odenwald-evangelisch.de, 28. April 2013

„Wir hatten gehofft, die Landesregierung hätte verstanden, dass es um mehr geht, als nur wenige technische Stellschrauben nachzuziehen. Die heute vorgestellten Änderungen sind bestenfalls ein erster Schritt zur Einsicht, dass das KiföG inhaltlich und handwerklich völlig unzureichend ausgestaltet ist. Die Landesregierung hat es nicht geschafft, ihren Gesetzentwurf vernünftig zu überarbeiten. Wir brauchen ein zukunftsfähiges Haus für die Kinderbetreuung, CDU und FDP liefern eine windschiefe Gartenlaube“, kritisiert Marcus Bocklet, sozialpolitischer Sprecher der GRÜNEN. Es bleibt dabei: „Dieses KiföG ist Murks. Wir schlagen deshalb erneut vor, den Entwurf zurückzuziehen und auf einem Betreuungsgipfel mit allen Akteuren der Kinderbetreuung neu zu verhandeln..."
Quelle: markusbocklet.de, 9. April 2013
Warum wird das nicht laut und deutlich kritisiert? Das hat mehr mit "Des Kaisers neuen Kleidern" zu tun, als den Beteiligten lieb ist. CDU und FDP haben ein di­let­tan­tisches Gesetz beschlossen und keiner der Kommunalpolitiker im Landkreis Darmstadt-Dieburg traut sich, das öffentlich zu thematisieren. Im Gegenteil, sogar die Kreis-Grünen und die Kreis-SPD, deren Landespolitiker im Jahr 2013 ein Wahlkampfthema daraus gemacht hatten, wollen nichts mehr davon wissen, sondern nehmen das mit einer unglaublichen Lammsgeduld hin.

Und bitte: kommen Sie mir jetzt nicht mit dem Wort "Kompromiss". Das ist "Murks bleibt Murks", so wie es die Landtagsabgeordneten Marcus Bocklet (Grüne) und Gerhard Merz (SPD) völlig richtig gesagt hatten. Damals musste sogar der Abgeordnete Wilhelm Reuscher (FDP) in einer Diskussionsveranstaltung unter dem Druck der Argumente einräumen, dass „handwerkliche Fehler beim Gesetz“ im Vorfeld gemacht wurden.

Inzwischen wird dieser Murks von den Grünen in der Landes-Koalition gedeckt. Die Nachbesserungen am KiföG (§ 25c) sind gleich Null. Bei CDU und FDP ist ohnehin Hopfen und Malz verloren, von der AfD ganz zu schweigen. SPD und Linke sind zwar gegen das KiföG, thematisieren aber aus meiner Sicht das oben erläuterte Problem der Betreuungsmittelwerte zu wenig. Der Evalutionsbericht zum HessKiföG sieht die "Betreuungsmittelwerte" jedenfalls sehr kritisch - eine Steilvorlage für die Opposition, die leider nicht genutzt wird.

Siehe auch


Letztes Update: 21. August 2017

Hinweise zur Evaluation des HessKiföG

Auszugweise Wiedergabe:

Einige Interpretationen zum Ergebnis der Evaluation

[...] So kann man die Tatsache, ob und in welchem Umfang die Träger mittelbare pädagogische Zeiten berücksichtigen, nicht als (kausale) Wirkung des HessKiföG beschreiben, weil die Träger dazu nicht verpflichtet sind, sondern machen können was sie möchten. Es handelt sich also um Korrelationen - und nicht um kausale Zusammenhänge.
[...]
Man kann jedoch sagen, dass es schon vor dem HessKiföG Krippengruppen gegeben haben muss, die - unter Missachtung der MVO oder aufgrund von Ausnahmeregeln - auf 12 Kinder vergrößert worden waren. Der Vorher-Nachher-Vergleich in diesem Fall ist also zumindest fragwürdig. Denn das HessKiföG hat ja gerade verhindert, dass die Gruppengrößen hier auf 8 bis 10 Kleinkinder verringert wurden. Trotzdem ist Herr Grüttner zufrieden, und meint, es gäbe ja auch Gruppen die kleiner als der Durchschnitt sind (Hessenschau vom 19. Dezember 2016). Die größeren Gruppen nimmt er leider nicht zur Kenntnis. Und auch nicht die Probleme mit der Personalbemessung, die gerade bei kleineren Gruppen entstehen. In den letzten Monaten lese ich ständig Zeitungsberichte, wonach Kita-Erweiterungen stattfinden und U3-Gruppen mit 12 Kindern geplant werden oder wegen der Warteliste vorhandene Kindergartengruppen von 22 auf 25 Kinder vergrößert werden sollen.
[...]
Tendenziell kommt es also bei U3-Gruppen eher zu Zuwächsen beim Mindestpersonalbedarf, bei Kindern ab 3 Jahren eher zu Stagnation oder Verminderungen. Dies stützt übrigens auch meine These, dass der Fachkraftfaktor 0,07 auf mindestens 0,08 angehoben werden muss.

In diesem Zusammenhang vermisse ich aber eine Klarstellung: Diese Werte zum Soll-Bedarf an Fachkraftstunden sind absolute Zahlen, die kausal mit der Kinderzahl zusammenhängen. Sie bedeuten keine Verbesserung der Personalschlüssel. Von 2014 bis 2015 ist die Anzahl der betreuten U3-Kinder von 37.719 auf 40.468 gestiegen, also um 7,3 %. Bei den Kindern ab 3 Jahren waren es 147.395 zu 148.526, also nur 0,7 % Zuwachs. Die Personalschlüssel (Median) waren 2014 und 2015 konstant gelieben, und zwar im U3-Bereich bei 1:3,8 und ab 3 Jahren bei 1:9,8 (Datenquelle: Statistisches Bundesamt bzw. Ländermonitor 2016).
Offenbar hat die Vorgabe des Zeitkontingentes von 15 % für Ausfallzeiten auch nicht zu einer Verbesserung der Personalschlüssel geführt, wie in der Einführungsdiskussion zum HessKiföG immer wieder suggeriert wurde (Mogelpackung). [...]

Betreuungsmittelwerte sind überflüssig


Auch die Meinungsumfrage zu Betreuungsmittelwerten sagt nicht unbedingt etwas darüber aus, ob diese - im Sinne einer guten Kinderbetreuung nach objektiv nachvollziehbaren Maßstäben - sachgerecht sind. Denn schließlich machen Experten Verzerrungen durch die Betreuungsmittelwerte im Vergleich zu tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten geltend und plädieren für eine stärkere Differenzierung oder die gänzliche Abschaffung der Betreuungsmittelwerte. [...]

Gedanken über Wissenschaft und Politik

Die vornehmste Aufgabe der Wissenschaft ist es, Wissen zu schaffen, die Wahrheit herauszufinden. Dazu muss Wissenschaft frei sein. Wenn Vorgaben verhinderten, dass bestimmte Aspekte analytisch untersucht werden, wäre das fragwürdig. Im
MINT-Bereich werden Phänomene häufig mathematisch beschrieben. [...] stets spiegeln die mathematischen Modelle den kausalen Zusammenhang möglichst sachgerecht wider. Nur in der Politik glaubt man, solch einsichtige Prinzipien ignorieren zu können. [...] fragwürdige personelle Bedarfsermittlungen sind die Folge.

Das HessKiföG zeigt in § 25c das genaue Gegenteil eines wissenschaftlich fundierten mathematischen Modells.

Vorschlag für ein sachgerechtes Modell

Wie kam es zu diesem sachwidrigen Modell? Zunächst wurde offenbar übersehen, dass das Statistische Bundesamt die Betreuungsmittelwerte zum Zeitpunkt des Gesetzentwurfs (2012) bereits abgeschafft hatte. Sodann gab es zunächst den Stufentarif in § 32, der für die Fördergelder eine nach Zeitkategorien abgestufte Höhe der Geldbeträge vorsah. So glaubte man wohl, diese Stufenfunktion müsse auch auf das mathematische Modell zur Berechnung der Fachkraftstunden in § 25c übertragen werden. Ein schwerwiegender Fehler. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Zuerst muss der Gesetzgeber ein (im Sinne einer guten Kinderbetreuung) sachgerechtes mathematisches Modell für die Fachkraftstunden erarbeiten. Und dann muss dieses durch eine sachgerechte Fördersystematik unterstützt werden.

Wie könnte ein solches Modell aussehen? Natürlich könnte man einfach die gruppenbezogene Berechnung wieder einführen. Denkbar wären auch modifizierte Modelle, die zwar gruppenbezogen sind, aber die individuelle Verteilung der Betreuungszeiten berücksichtigen. Wenn man das partout nicht möchte, wäre jedenfalls die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und Ersetzung durch die Summe der vereinbarten Betreuungszeiten dringend notwendig. Sodann wären die Fachkraftfaktoren zu korrigieren und eine Rundungsregel einzuführen, die sinnvoll auf ganze Kindergruppen rundet. Mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungstätigkeiten müssen dann hinzu addiert werden.

Die Auffangregelung sollte in eine Basisregelung umgewandelt werden, die als absolutes Minimum zwei Personen während der gesamten Öffnungszeit vorgibt. Aufbauend darauf sollten sich die Fachkraftstunden in sinnvoller Weise erhöhen.

Die Fördergelder könnten dementsprechend durch einen fixen Grundbetrag mit einem variablen, von der Betreuungszeit abhängigen, Anteil berechnet werden.

Den vollständigen Text finden Sie hier:

Dokumentation

Hinweise_Evaluation_HessKifoeg_Udo_Brechtel_2017.pdf
Diesen Text habe ich an 20 Interessengruppen und die 5 sozialpolitischen Sprecher der Parteien im Landtag geschickt. Er wendet sich aber auch an alle Interessierten.
Ergänzend dazu:
Personalbemessung_in_Kitas_Modellvergleich.pdf
Rechenfehler_KifoeG_Udo_Brechtel_2016_Version2.pdf
Dieser Text wird auch im Literaturverzeichnis des Evaluationsberichtes erwähnt.

Frühere Texte:
Vorschlaege_Verbesserung_Berechnungsvorschriften_HKJGB.pdf
Die_7_Maengel_des_KifoeG.pdf

Letztes Update: 12. Februar 2017

Personalbemessung in Kitas

Berechnungsmodelle im Vergleich

In der Öffentlichkeit kommt es immer wieder zu Diskussionen über die richtige Art und Weise der Personalbemessung in Kindertageseinrichtungen. Das Hessische Kinderförderungsgesetz (HessKiföG) und das Kinderförderungsgesetz in Sachsen-Anhalt (KiföG Sn-Anh) haben eine besondere Resonanz hervorgerufen. Dabei ist umstritten, ob die kindbezogene oder die gruppenbezogene Berechnungsmethode die richtige sei. Auch die immer wieder geforderten bundeseinheitlichen Standards für die Personalschlüssel (brutto) oder Fachkraft-Kind-Relationen (netto) intensivieren die Diskussion.

Für die mathematisch Interessierten habe ich meine Untersuchungen zum Herunterladen dokumentiert:
Personalbemessung_in_Kitas_Modellvergleich.pdf
Ziel dieses Beitrages ist es, die Elemente von ausgewählten Berechnungsmethoden möglichst objektiv zu beschreiben und anschließend zu vergleichen.

Letztes Update: 29. Januar 2017

Grippewelle in Zeiten des KiföG



Bilder aus einer hessischen Kita

Selbstverständlich ist eine Grippewelle nicht die "Schuld" des KiföG. Aber wenn man die Personalschlüssel auf ein Minimum herunterfährt, wirken sich krankheitsbedingte Ausfälle natürlich viel gravierender aus.

Januar 2017

Evaluationsbericht liegt vor

Die Evaluation des HessKiföG, die vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik bis Ende 2016 durchgeführt wurde, liefert auch Aussagen zu den Betreuungsmittelwerten. Danach machen Experten Verzerrungen durch die Betreuungsmittelwerte im Vergleich zu tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten geltend und plädieren für eine stärkere Differenzierung oder die gänzliche Abschaffung der Betreuungsmittelwerte. Die Träger sind sich dabei nicht einig. Die Berechnung des Personalbedarfs mittels Betreuungsmittelwerten führt bei 94 % der Tageseinrichtungen im Vergleich zu den tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten zu Abweichungen. Ob diese positiv oder negativ ausfallen, hängt dabei vom jeweiligen Umfang der Betreuungsdauer ab.[Seite 205ff]
Link zum Herunterladen...
Das stützt die von Anfang an vielfach vorgetragene Kritik. Wenn nun die Akzeptanz der Betreuungsmittelwerte bei den Trägern auf 41 % gestiegen ist, weil die Betreuungszeiten an das Stufenraster angepasst wurden, so ist das aus meiner Sicht keine Rechtfertigung, sondern eine Beschreibung des Problems! Es ist das Problem, wenn taktische Überlegungen angestellt werden, statt unbefangen vernünftige Betreuungszeitmodelle zu entwickeln. Viele Träger nutzen diesen zentralen Mangel des HessKiföG, um die Fachkraft-Kind-Relation zu verschlechtern - und so Geld zu sparen. Das mag für diese Träger zweckdienlich sein, aber es ist eben nicht sachgerecht.

Die von 18 % der Träger vorgeschlagene bessere Differenzierung - also die Vergrößerung der Anzahl der Stufen bei gleichzeitiger Verminderung ihrer Höhe bzw. Breite - macht die Sache nicht einfacher. Wie sollte man die Stufenbreite sachgerecht festlegen? Die kleinste Stufenbreite, die einen Sinn ergibt, wäre eventuell eine Viertelstunde pro Tag. Bei 5 Tagen pro Woche ergäbe das 1,25 Wochenstunden, bei 6 Tagen 1,5 Stunden, bei Veränderungen nur an 4 Tagen nur 1 Stunde. Je kleiner und zahlreicher man die Stufen macht, umso mehr nähert man sich einer linearen Funktion. Also kann man diesen linearen bzw. proportionalen Zusammenhang auch gleich linear bzw. proportional abbilden.

Stufen sind überflüssig. Warum Politiker und Verwaltungsleute dennoch den Drang haben, überall Stufen einzubauen, obwohl sachlich ein linearer Zusammenhang besteht, erschließt sich mir nicht. Nein, alle Überlegungen in dieser Richtung ergeben einfach keinen Sinn. Die korrekte mathematische Beschreibung dieses Zusammenhangs ist eine lineare Funktion - also die gänzliche Abschaffung der Betreuungsmittelwerte, wie es sich 33% der Träger wünschen.

Soweit in Kürze. Wenn ich Zeit habe, möchte ich gerne noch weitere Anmerkungen zu einigen anderen Punkten veröffentlichen.

Allen Lesern wünsche ich eine besinnliche Weihnachtszeit und ein gesundes und erfolgreiches Jahr.
Udo Brechtel

Letztes Update: 22. Dezember 2016
Text ergänzt am 18. Januar 2017

Taktische Überlegungen

Die Berechnung der Fachkraftstunden mit den überflüssigen Betreuungsmittelwerten führt nicht nur zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind. Sie veranlasst offenbar auch so manche Kommunalpolitiker, die Betreuungszeiten nach dem willkürlichen Raster auszurichten, das sich daraus (nach § 25c HKJGB) ergibt. Dazu einige Beispiele:

SPD nimmt Abstand vom 5-7-9-Stufenmodell

Der Sprung ins kalte Wasser bleibt Kindergarteneltern zunächst erspart: Alle Anträge zur Kostenreduzierung in der städtischen Kindertagesstätten wurden vertagt. Die SPD zog ihre Idee vom neuen 5-7-9-Stufenmodell ebenfalls zurück.
Die angekündigten Kürzungen im Kitabereich hatten bei der Stadtverordnetenversammlung für ein volles Haus gesorgt.
Quelle: Darmstädter Echo, 17. Dezember 2016

"Niveau der 70er Jahre"

BABENHAUSEN - ...aus dem Kita-Elternbeirat ...: „Das wird einige berufliche Existenzen kosten.“ Zur Diskussion stehen nicht nur Gebührenanhebungen, sondern vor allem die Abschaffung des Betreuungsumfangs und der Flexibilität. [...]. Stufenmodell setzt sich in der Arbeitsgruppe derzeit durch. Die flexible Kinderbetreuung wäre damit ad acta. Eltern sollen sich verbindlich für ein Jahr für fünf, sieben oder neun Stunden Betreuungszeit entscheiden. Maximal sind neun Stunden, in zwei Ortsteilen sollen die Kitas nachmittags zu bleiben.
Quelle: Darmstädter Echo, 14. Dezember 2016

Der schwarze Peter

BABENHAUSEN - [...] Manches ließe sich zwar über eine Erhöhung der Grundsteuer abfedern, doch hat sich das knappe Mehrheitsbündnis aus CDU und Freien Wählern „keine Steuererhöhungen“ auf die Fahnen geschrieben.
Wenn es aber ans Eingemachte geht, soll es keiner gewesen sein – die Verwaltungsspitze fordert konkrete Beschlüsse von den Stadtverordneten, CDU und Freie Wähler geben den schwarzen Peter zurück, indem sie die Verwaltung mit der Ausschöpfung globaler Einsparpotenziale beauftragen. Und zunächst wird erst mal aufgeschoben.
[...]
Hier scheint es eine große Mehrheit für das von der SPD propagierte Stufenmodell zu geben, mit drei Betreuungszeiten: fünf, sieben und neun Stunden täglich, wahlweise mit Mittagessen. Einsparungen sollen auch durch die Verkürzung der Öffnungszeiten auf neun, in manchen Einrichtungen auf sieben Stunden erzielt werden. Dabei wird wohl jegliche Flexibilisierung durch Zukaufstunden entfallen.
Quelle:
Darmstädter Echo, 12. Dezember 2016

Eltern sind schockiert

HOFHEIM - Die Stadt hat den Träger der Kita in einem Schreiben dazu aufgefordert, die Öffnungszeiten der Krippe aus Kostengründen einzuschränken...
Dazu: "Was wir Eltern brauchen, ist eine qualitativ gute Kinderbetreuung mit bedarfsorientierten Betreuungszeiten [...]"
Hintergrund: Durch die Einführung der Betreuungsmittelwerte für die Personalbemessung im neuen Kinderförderungsgesetz (Kifög) ergeben sich personell günstige oder ungünstige Situationen für die Personalausstattung, abhängig von den Öffnungszeiten, die vor der Einführung des Kifög festgelegt wurden. So hat zum Beispiel eine Gruppe, die 25,5 Stunden pro Woche geöffnet hat, die gleiche Personalbemessung wie eine Gruppe, die 34,5 Stunden/Woche geöffnet hat.
Quelle: Hofheimer Zeitung, 28. Juni 2016

Eltern gegen Zwangsraster nach "HessKiföG"

GROSS-UMSTADT - "In einer Gesprächsrunde haben sich Eltern deutlich gegen eine Umstellung auf mindestens sechs Stunden pro Tag als Minimum ausgesprochen, da dies einer doppelten Preiserhöhung gleichkäme."
Quelle: Darmstädter Echo, 7. Mai 2015

Wie ich es sehe

Eine Lösung des Problems, dass taktische Überlegungen statt sachgerechter Betreuungszeitmodelle die Diskussion beherrschen, wäre sehr einfach möglich: Betreuungsmittelwerte abschaffen!

Die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte wäre übrigens kostenneutral möglich. Das ergibt sich dadurch, dass Bevorzugungen und Benachteiligungen entfallen, und ein korrektes, mittleres Niveau entsteht. Selbstverständlich müssten dann zusätzlich die Fachkraftfaktoren korrigiert werden.

Letztes Update: 17. Januar 2017

Der falsche Kompromiss

Es wird oft behauptet, die Betreuungsmittelwerte (§ 25c HKJGB) seien ein Kompromiss zwischen der gruppen- und der kindbezogenen Förderung. Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Förderung ist ausschließlich in § 32 HKJGB geregelt und Betreuungsmittelwerte kommen dort überhaupt nicht vor.

Dagegen dient § 25c zur Berechnung eines Mindestansatzes für die Personalstunden. Außerdem bestimmt § 25a, dass "zur Sicherung des Kindeswohls ... mindestens der personelle Bedarf nach § 25c gedeckt sein" muss, woraus logischerweise folgt, dass eine Setzung von Förderanreizen in § 25c ausgeschlossen ist. Betreuungsmittelwerte haben also mit der Förderung nicht das Geringste zu tun.

Auch einen Kompromiss, der die Verschlechterung des Betreuungsschlüssels wegen der umstrittenen Berechnung nach Kinderzahl abmildern könnte, vermag ich nicht zu erkennen. Das möchte ich gerne erläutern. Mit den folgenden grafischen Darstellungen (allgemeine Beispiele) kann man die individuelle Situation in einer Kita recht gut abbilden. Die gezeigte Fachkraft-Kind-Relation bezieht sich auf die reine Arbeit mit dem Kind (ohne mittelbare Zeiten):

Die vertikale Achse zeigt die Anzahl anwesender Personen (Fachkräfte bzw. Kinder), auf der horizontalen Achse ist die Betreuungszeit aufgetragen. Während die Zeit gleichmäßig zunimmt, verläuft die Anzahl der Fachkräfte und Kinder in Stufen. Es gibt ja nur ganze Menschen. Bei den Fachkräften sind zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder 1, 2 oder 3 Personen anwesend.

Die daraus resultierenden Stufenverläufe bei den Personen sind faktisch vorgegeben und müssten normalerweise bei der Erstellung eines mathematischen Modells zur Berechnung der Fachkraftstunden beachtet werden. Das hat der Gesetzgeber ignoriert, als er die kindbezogene Rechenmethode in § 25c einführte.

Manche Leute glauben nun, dass die Betreuungsmittelwerte einen diesbezüglichen Kompromiss darstellten. Das halte ich für Unsinn. Die Betreuungsmittelwerte wirken in h o r i z o n t a l e r Achsrichtung und zerstören lediglich den gleichmäßigen Zeitablauf - es kommt zu den bekannten Verzerrungen. Mein Professor hätte damals sicher von einer "Verschlimmbesserung" gesprochen.

Die Berechnung nach Anzahl Kinder wirkt dagegen in v e r t i k a l e r Achsrichtung. Sie verkennt, dass auch bei sehr wenigen Kindern (und sei es auch nur ein einziges Kind) stets eine Fachkraft anwesend sein muss - bezogen auf die gesamte Einrichtung sogar zwei (Auffangregelung nach §25c Abs. 4 mit dem FAQ-Hinweis Nr. 16). Ein Kompromiss, der den Namen auch verdient, wäre hier eine geeignete Rundungsregel - die natürlich weiter gedacht auf die gruppenbezogene Berechnung hinauslaufen kann.

Zum Schluss noch der Hinweis auf die Bedeutung der "durchschnittlichen Fachkraftanzahl" in den Grafiken. Es handelt sich hier um den zeitlichen Mittelwert innerhalb einer bestimmten Kita-Gruppe. Das war in der MVO 2008 beispielsweise der Faktor 1,75 (Ü3, 15 bis 25 Kinder) bzw. 2,0 (U3, 8 bis 10 Kinder). Nach HessKiföG beträgt letzterer Wert 2,4 bei 12 Kindern. Der Wert 1,75 ergibt sich, wenn während drei Vierteln der Zeit 2 Personen anwesend sind. Ein Wert von 2,4 ist nur dann möglich, wenn es einen Zeitabschnitt mit 3 anwesenden Personen gibt.

Der defekte Taschenrechner im Praxistest

Ich bin der Auffassung, dass bereits eine analytische Untersuchung der Berechnungsmethode mittels "Betreuungsmittelwerten" hinreichend beweist, dass diese sachlich ungeeignet sind. Auch alle Rückmeldungen, die ich bisher erhielt, stimmten meiner Argumentation zu. Folgende Sachverhalte wurden aus meiner Sicht vom Gesetzgeber übersehen:
  1. Betreuungsmittelwerte waren bis 2010/11 nur eine Notlösung(!) zur Berechnung der Vollzeitbetreuungsäquivalente.
  2. Betreuungsmittelwerte sind nur für eine große Anzahl von Kitas im Mittel für statistische Zwecke (mit Fehlern) verwendbar.
  3. Jede individuelle Kita hat ihre eigenen Betreuungsmittelwerte, die vom Landesdurchschnitt abweichen.
  4. Die gewollte "Vereinfachung" ist nicht sachgerecht, weil sie die individuelle Situation in der Kita ignoriert ("Verschlimmbesserung").
  5. Das Prinzip der Proportionalität zwischen der Länge von Betreuungszeitabschnitten und den Fachkraftstunden wird grob sachwidrig durchbrochen.
  6. Durch diese Verzerrungen kommt es zu Ungleichbehandlung zwischen gleichartigen Kitas.
  7. Betreuungsmittelwerte sind völlig überflüssig und machen mehr Probleme als sie nützen.
  8. Es kommt zu taktischen Überlegungen statt einer bedarfsgerechten Zeitmodellplanung.
  9. Das Platzsharing wird durch Betreuungsmittelwerte konterkariert, weil das Gesetz alle über 10 Stunden/Tag hinausgehenden Zeiten deckelt.
  10. Die Stufenregelung bei der Förderung (§32) darf nicht zwangsläufig in die Personalbedarfsermittlung (§25c) übernommen werden. Bei der Förderung werden nur ca. 10 bis 12 Prozent der Kosten bezuschusst; die Vorschrift zum Personalbedarf regelt jedoch 100 Prozent der Arbeitszeit mit dem Kind.
  11. Die Auffangregelung nach §25c Abs. 4 mit dem FAQ-Hinweis Nr. 16 (Seite 8/9) läuft ins Leere, weil die Zwei-Personen-Mindestregelung durch die Deckelung auf 10 Stunden/Tag nicht sachgerecht ermittelt werden kann.
Natürlich wäre es sinnvoll, dieses in der Evaluation durch empirische Daten zu untermauern. Allerdings gibt es dabei auch ein Risiko. Etwas salopp gesagt, ist die empirische Überprüfung der Betreuungsmittelwerte so etwas wie die Erprobung eines defekten Taschenrechners in der Praxis. Entweder, er wird überhaupt nicht verwendet oder es werden nur solche Aufgaben damit gerechnet, bei denen er zufällig richtige Ergebnisse liefert. In beiden Fällen könnten die Prüfer zu der irrigen Annahme kommen, der Taschenrechner sei doch ganz in Ordnung, weil es ja irgendwie läuft...


Letztes Update: 22. Juni 2016

Petition teilweise erfolgreich

Der Hessische Landtag hat beschlossen, dass unsere Petition für die Abschaffung der Betreuungsmittelwerte und die Änderung der Fachkraftfaktoren (§ 25c HKJGB) in die derzeit laufende Evaluation eingebracht werden soll. Das kann man durchaus als kleinen Erfolg werten, obwohl die Evaluation augenscheinlich dazu dient, die Beseitigung offensichtlicher Mängel auf die lange Bank zu schieben.

Das Antwortschreiben des HMSI zur Petition zeigt leider keine wirkliche Einsicht, aber immerhin wird eingeräumt, dass die Betreuungsmittelwerte grundsätzlich zu Verfälschungen führen.

"Es ist richtig, dass in Tageseinrichtungen, in denen die Betreuungsverträge überwiegend gleich und so ausgestaltet sind, dass sie jeweils oberhalb der Betreuungsmittelwerte liegen, zunächst verhältnismäßig "zu wenig" Personal vorzuhalten ist..."
(Hessisches Ministerium für Soziales und Integration, 14. Juli 2015)

Die Argumentation pro Betreuungsmittelwerte, die dann aber dennoch in diesem Schreiben versucht wird, ist nicht schlüssig und mathematisch unhaltbar. Insbesondere wurde unsere Kritik an der missbräuchlichen Verwendung der Betreuungsmittelwerte im Antwortschreiben gänzlich ignoriert.

Meine Erwiderung an das HMSI mit Anlage 1 (Beispiel altersgemischte Gruppe) und Anlage 2 (Rechenfehler des "KiföG", aktualisiert April 2016) enthält nochmals zusammengefasst die wichtigsten Argumente contra Betreuungsmittelwerte und einen Lösungsvorschlag.

Die wichtigsten Trägerverbände und Interessengruppen haben eine Kopie erhalten. Man darf gespannt sein, ob das beim "Runden Tisch Kinderbetreuung" am 14. September 2015 thematisiert wird.

Nachtrag 1:
Auf echo-online konnte man immerhin lesen: "Hessens Sozialminister schließt Änderungen beim umstrittenen Kinderförderungsgesetz nicht aus".
Nur: welche Änderungen er genau meint, steht in den Sternen - und dann auch erst nach 2016! :-(

Nachtrag 2:
Zustimmende Rückmeldungen einiger Fachverbände sind ermutigend. Unverständlich erscheint mir aber die auch unter KiföG-Kritikern verbreitete Auffassung, dass Betreuungsmittelwerte ein Kompromiss seien. Eine derart grob sachwidrige Vorgabe zur Personalbemessung kann niemals einen Kompromiss darstellen.


Letztes Update: 28. November 2015

Gründe gegen Betreuungsmittelwerte

Die Glosse

Stellen Sie sich bitte einmal vor, der Gesetzgeber beschließt das folgende - fiktive - "Gesetz zur Vereinfachung der Grundrechenarten".

Danach gelte:

Ein Sturm der Entrüstung wäre die unausweichliche Folge. Auch die Begründung des - fiktiven - Kultusministers, dass "damit den Kindern das Erlernen des Einmaleins erleichtert" werden solle, würde wohl niemand überzeugen, sondern eher die Frage nach seiner Qualifikation aufwerfen. Gewiss, das ist in dieser Form übertrieben und dem Bereich der Satire zuzuordnen.

Die Realität

Bitte vergleichen Sie das jedoch einmal mit dem, was der Landesgesetzgeber in § 25c HKJGB tatsächlich beschlossen hat.

Danach gilt (mit 25 x 0,07 = 1,75):

In der Broschüre des Hessischen Sozialministeriums heißt es auf Seite 11 zudem: "Aus Vereinfachungsgründen wurden 4 Zeitkategorien gebildet. Jeder Zeitkategorie ist ein durchschnittlicher Wert, der sogenannte Betreuungsmittelwert, zugeordnet."

Bitte entscheiden Sie selbst, wie Sie das einordnen möchten. Aus meiner Sicht hat man im Ministerium schlicht und einfach verpennt, dass das Statistische Bundesamt die Betreuungsmittelwerte seit 1. März 2012 aus mathematischen Gründen abgeschafft hat. Die Indizienlage dazu scheint mir erdrückend zu sein, wie die Entstehungsgeschichte des HessKiföG zeigt.

Jedenfalls kritisiert auch der Hess. Städte- und Gemeindebund die Berechnung der Fachkraftstunden mit einem willkürlichen Betreuungsmittelwert völlig zu Recht (siehe Zitat rechts).

Die wichtigsten Gründe gegen Betreuungsmittelwerte

  1. Die Berechnung des Personalschlüssels mit "Betreuungsmittelwert" wurde vom Statistischen Bundesamt wegen Ungenauigkeiten und Verzerrungen abgeschafft. Seit 1. März 2012 erfolgt die Berechnung deshalb mittels der tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten.
  2. Die Stufen der "Betreuungsmittelwerte" führen zu Ungleichbehandlung zwischen KiTas. Durch geschickte Wahl der Betreuungszeiten gibt es Bevorzugungen, sonst Benachteiligungen. Aufgrund des Kostendrucks und Sparzwanges wählen aber viele Träger gerne die nachteiligen Zeiten (beispielsweise zwischen 30 und 35 Wochenstunden).
  3. Bei sachgerechter Würdigung muss eine Verlängerung der Betreuungszeit einer Kitagruppe auch zu einer proportionalen Erhöhung der notwendigen Fachkraftstundenzahl führen. Einige Kita-Träger nutzen leider aus, dass man durch die sachwidrige Wirkung der "Betreuungsmittelwerte" bei einer Verlängerung der Betreuungszeit nicht mehr Personal vorhalten muss.
  4. Betreuungsmittelwerte führen zur Verfälschung der erhobenen statistischen Daten. Dadurch wird die Aussagekraft der zurzeit laufenden Evaluation vermindert.
Dies zeigt, dass die Trägervertreter entweder die Sachwidrigkeit der "Betreuungsmittelwerte" in §25c HKJGB nicht verstanden haben oder diese bewusst zum Nachteil der Betreuungsqualität ausnutzen. Eine Abschaffung der "Betreuungsmittelwerte" ist daher dringend erforderlich und durch Anwendung der vom Statistischen Bundesamt seit 2012 verwendeten Berechnungsmethode sehr einfach realisierbar. Alternativ wäre natürlich auch die Rückkehr zur gruppenbezogenen Berechnung möglich. Eine diesbezügliche Entscheidung des Landesgesetzgebers ist mehr als überfällig.


Letztes Update: 17. April 2016

Ausgewählte Texte

Evaluationsbericht zum HessKiföG, Dezember 2016
Betreuungsschlüssel
Personalschlüsselberechnung in Deutschland
Betreuungsmittelwert
"Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen", 2012, destatis
Gesetzestext (PDF)
Ausführungsverordnung KiföG (PDF)
Informationen zur Mindestverordnung 2008
Rechenfehler des KiföG (PDF)
Die sieben Mängel des KiFöG (PDF)
Vorschläge zur Verbesserung (PDF)

Initiativen

Elternbündnis KiföG Hessen
Betreuung, Erziehung und Bildung in Gefahr!
Keine Kürzung von Erzieher*innenstunden: Das Hessische Kinderförderungsgesetz muss geändert werden!
Protest gegen das Hessische Kinderförderungsgesetz (HessKiföG)

Organisationen/Institute

"Beim Personalschlüssel hat der Werra-Meißner-Kreis einen deutlichen Nachholbedarf", Presseerklärung 18. Dezember 2017
Liga der freien Wohlfahrtspflege: KiföG – So geht’s: Wer hat den besten Plan für die Kinderbetreuung in Hessen?, 6. Dezember 2017
Liga der freien Wohlfahrtspflege: Stellungnahme zur Evaluation des HKJGB, 13. Juni 2017
ver.di: HessKiföG-Evaluierung - Eine erste Bewertung von ver.di Hessen, 24. April 2017
Liga der freien Wohlfahrtspflege: Evaluation des HessKiföG – Eine erste Bewertung, 14. Februar 2017
LAG Presseerklärung zum KiföG Evaluationsbericht, Dezember 2016
Der Paritätische: "Nur kosmetische Verbesserungen beim KiföG"
ver.di: "KiföG muss nachgebessert werden"
Prof. Dr. Neuß: Wissenschaftliche Position zum geplanten KiföG in Hessen

Presse

"Qualität der Kitas in Gefahr", lokalo24.de vom 31. Dezember 2017
"Wir brauchen mehr Erzieherinnen", mittelhessen.de vom 8. Dezember 2017
"Die Senkung des Betreuungsschlüssels für die Kinderbetreuung ist bei der Bürgerversammlung in Wambach umstritten", Wiesbadener Kurier vom 5. Mai 2017
Verunsicherung in den Kitas, 14. Februar 2017
"Noch viel zu tun beim KiföG", Frankfurter Neue Presse vom 20. Dezember 2016
"Funktioniert das HessKiföG?", Hessenschau vom 19. Dezember 2016
"Niveau der 70er Jahre"
Der schwarze Peter
Die Last mit dem KiföG
Eltern sind schockiert: "Von wegen Familienstadt"
Hessens Sozialminister schließt Änderungen beim umstrittenen Kinderförderungsgesetz nicht aus
Zu wenig Personal in den Kitas
Hessen hinkt bei Kitas hinterher
Hessisches Kinderförderungs-Gesetz - Ein Flop für die Kommunen
Friede, Freude, Mittagessen ...
Mehr Gebühren, neue Strukturen
Kindergarten: Neue Preise stehen fest
Kleine Kita-Träger sind in Sorge
Landtag verabschiedet Kinderförderungsgesetz
"Handwerkliche Fehler"
"Es wurden handwerkliche Fehler gemacht"
Minister reagiert genervt auf Kritik
Nachbesserungen in Sicht
„KiföG setzt falsche Maßstäbe“
"Kita-Qualität im Sinkflug"

Eltern gegen Zwangsraster nach "HessKiföG"

Die Berechnung der Fachkraftstunden mit dem überflüssigen Betreuungsmittelwert führt nicht nur zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind. Sie veranlasst offenbar auch so manche Kommunalpolitiker, die Betreuungszeiten nach dem willkürlichen Raster auszurichten, das sich daraus nach § 25c HKJGB ergibt.

"In einer Gesprächsrunde haben sich Eltern deutlich gegen eine Umstellung auf mindestens sechs Stunden pro Tag als Minimum ausgesprochen, da dies einer doppelten Preiserhöhung gleichkäme."

Quelle: echo-online, "Kinderbetreuung, Wehr und betreutes Wohnen"

Dabei wäre eine Lösung dieses Problems sehr einfach möglich: Betreuungsmittelwerte abschaffen!

Aber nein, stattdessen wird diese sachwidrige Regelung im Gesetz häufig dazu benutzt, Personal zu kürzen. Ein typisches Beispiel zeigt die Pressemeldung links (Usinger Anzeiger vom 3. Juni 2015). Es kann nicht richtig sein, dass eine Verlängerung der Betreuungszeit stattfindet, ohne dass die Zahl der Personalstunden erhöht wird.

Letztes Update: 3. Juni 2015

Rechenfehler im "HessKiföG"

"Die Berechnung der Fachkraftstunden mit dem Betreuungsmittelwert führt zu Verzerrungen, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar sind."
(Hess. Städte- und Gemeindebund)
Seit 1. Januar 2014 ist das mit "HessKiföG" geänderte Hess. Kinder- und Jugendhilfe-Gesetzbuch (HKJGB) in Kraft. Inzwischen merken auch die Kita-Träger, dass an diesem Gesetz etwas faul ist. Das betrifft besonders die Berechnungsvorschriften zur Personalbemessung (Fachkraftstunden nach § 25c HKJGB). Alle seit Anfang 2013 dazu wiederholt vorgetragenen kritischen Hinweise wurden bisher leider ignoriert.

Mittlerweile kritisiert jedoch auch der Hessische Städte- und Gemeindebund (Mühlheim) die paradoxen Berechnungsvorschriften, weil sie zu Verzerrungen führen.

Danach erhält beispielsweise eine Kindergartengruppe mit 26 Stunden/Woche Betreuungszeit mehr Fachpersonal als eine solche mit 35 Wochenstunden. Berechnung nach § 25c HKJGB:

Kindergartengruppe 25 Kinder mit 35 Stunden Betreuungszeit wöchentlich:

Kindergartengruppe 25 Kinder mit 26 Stunden Betreuungszeit wöchentlich:

Der Hessische Städte- und Gemeindebund stellt zutreffend fest: "Es ist jedoch nicht ersichtlich, wieso eine Kindergartengruppe mit 26 Betreuungsstunden mehr Fachkräfte benötigt, als eine Kindergartengruppe mit 35 Stunden."

Einen Eindruck, wieso dieser überflüssige Betreuungsmittelwert überhaupt ins Gesetz hineingeschrieben wurde, vermittelt die Chronologie in der rechten Spalte.

Meine Ausarbeitung "Rechenfehler des 'HessKiföG'" (Version 2, PDF ca. 1 MiB zum Download...) enthält weitere Informationen und wendet sich an alle, die Argumentationshilfen benötigen. Darin werden die Mängel 1 bis 3 ausführlich dargestellt.

Letztes Update: 17. April 2015

CC-BY-SA 3.0, Udo Brechtel

Die sieben Mängel des KiföG

Das "KiföG" in Hessen wurde im Jahr 2013 gegen alle gut begründeten Proteste beschlossen. Nun müssen viele - besonders kommunale - Kitas darunter leiden, weil deren Träger die Qualitätsstandards bis zum gerade noch zulässigen Maß herunter drücken (Kostendruck, Sparzwang). Nachfolgend seien die Mängel erläutert, deren Beseitigung dringend erforderlich ist.
  1. Verzerrungen durch Betreuungsmittelwerte
  2. Falsche Definition der Fachkraftfaktoren
  3. Mogelpackung Vetretungsstunden
  4. Reduzierung der Schwankungsreserve auf Null
  5. Ungleichbehandlung bei Zuschüssen
  6. Keine Regelungen zur Integration
  7. Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards

1. Verzerrungen durch Betreuungsmittelwerte

Betreuungsmittelwerte wurden bis zum Jahre 2011 verwendet, um den Personalschlüssel in der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe zu berechnen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Betreuungszeiten in Stufen erfasst. Wegen der damit verbundenen Ungenauigkeiten und Verzerrungen wurde dieses Verfahren vom Statistischen Bundesamt abgeschafft und seit Stichtag 1. März 2012 durch die direkte Erfassung der wöchentlichen Betreuungszeiten je Kind als Dezimalzahl ersetzt.

Die im Jahr 2013 nach „KiföG“ in § 25c HKJGB definierten Betreuungsmittelwerte sind daher völlig überflüssig. Aus unerfindlichen Gründen sind aber dennoch Betreuungsmittelwerte im Gesetz vorgeschrieben. Sie bewirken Folgendes:

Nach § 25c HKJGB ist nicht die vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit, sondern ein willkürlich festgelegter Wert in die Berechnungsformel einzusetzen. Diese gesetzliche Regelung ist offensichtlich sachwidrig. Zur Verdeutlichung der negativen Auswirkung des „Betreuungsmittelwertes“ sei nur darauf hingewiesen, dass statt der tatsächlichen Betreuungszeiten die willkürlich festgelegten „Betreuungsmittelwerte“ von 22,5 oder 30,0 oder 42,5 oder 50,0 in die Personalstundenberechnung eingesetzt werden müsssen.

Wie man in vorstehender Grafik sieht, werden Kinder mit Betreuungszeiten über 22,5 bis zu 25 und über 30 bis zu 35 Stunden pro Woche (Pfeile) besonders benachteiligt, während andere Betreuungszeiten bevorzugt werden. Für Betreuungszeiten von beispielsweise 25 Stunden/Woche führt das zu einer Personalkürzung von 10 Prozent, bei 35 Stunden/Woche sind es sogar 14,3 Prozent. Eine Gleichbehandlung sieht anders aus.

So war die Betreuungszeit von 25 Stunden ein häufiges Modell für die Grundbetreuung. Wird diese durch 30 Stunden ersetzt, entsteht für Eltern, die nur die Vormittagsbetreuung nutzen möchten, ein Nachteil. Durch die Stufenfunktion werden Anreize gesetzt, nur besonders günstige Betreuungszeiten zu vereinbaren. Dadurch werden indirekt Öffnungszeiten beeinflusst, was während der Entstehungsgeschichte des Gesetzes bestritten wurde.

Taktische Überlegungen könnten dazu Anlass geben, die Grundbetreuung auf 26,5 Stunden zu verlängern (täglich eine Viertelstunde mehr), um in den Genuss einer besonders günstigen Situation bei den Landeszuschüssen und der Personalbemessung zu gelangen. Damit führt sich diese Vorschrift selbst ad absurdum.

Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund kritisiert inzwischen die verzerrende Wirkung des Betreuungsmittelwertes, die sachlich nicht gerechtfertigt und nicht erklärbar ist (siehe Anhang). Was sich die Konstrukteure des Gesetzes dabei gedacht haben, bleibt allein deren Geheimnis.

Da die stufenfixierte Gestaltung des "Betreuungsmittelwertes" einerseits zu Benachteiligungen, andererseits zu Bevorzugungen führt, erscheint diese gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich bedenklich. Nach unserer Rechtsauffassung liegt hier ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor (Art. 1 HV, Art. 3 GG). Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Elternbeiträge. So können in der Praxis bei gleichem Elternbeitrag in einer KiTa des selben Trägers schlechtere Personalschlüssel vorliegen als in anderen KiTas, nur weil sich Betreuungszeiten bei besonders ungünstigen oder günstigen „Betreuungsmittelwerten“ zufällig häufen.

Daher muss der "Betreuungsmittelwert" abgeschafft und durch die tatsächlichen (vertraglich vereinbarten) Betreuungszeiten ersetzt werden. Im Übrigen wäre die Beseitigung dieses Mangels kostenneutral möglich.

2. Falsche Definition der Fachkraftfaktoren

Die Definition des Fachkraftfaktors 0,07 im KiföG für Kinder über 3 Jahren beruht (abgesehen von der Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards) zusätzlich auf der Fehlinterpretation des Faktors 1,75 Fachkräfte je Gruppe (gruppenbezogene Berechnung nach §1 der Mindestverordnung). Da es keine „Dreiviertelerzieherin“ gibt, begründet sich der Anteil von 0,75 damit, dass nicht die gesamte Zeit alle 25 Kinder anwesend sind. Es hat sich ein Durchschnitt von 20 bis 22 Kindern je Gruppe in der Praxis etabliert.

Wenn jedoch während der Gesamtzeit die höchstzulässige Anzahl von 25 Kindern anwesend sind, so ist es offensichtlich, dass auch während der gesamten Zeit mindestens 2 Fachkräfte zugegen sein müssen. Eine Erzieherin mit 25 Kindern allein zu lassen wäre unverantwortlich. Die Personal-Kind-Relation muss dann wenigstens 2 : 25 betragen. Dementsprechend wäre der Fachkraftfaktor in diesem Fall auf mindestens 0,08 festzulegen (= 2 / 25) - und nicht, wie im HessKiföG, auf 0,07 (= 1,75 / 25).

Die Festlegung des Fachkraftfaktors auf 0,07 ist also deswegen fehlerhaft, weil der Faktor 1,75 bereits näherungsweise berücksichtigt, dass nicht alle Kinder während der gesamten Zeit anwesend sind.

Bei der kindbezogenen Berechnung wird nun anstatt dieses Näherungsfaktors die individuelle Betreuungszeit zur Berechnung herangezogen, um die unterschiedlichen Anwesenheiten abzubilden. Dann ist es jedoch mathematisch falsch, wenn man trotzdem den Faktor 1,75 (bzw. den Fachkraftfaktor 0,07) benutzt. Es erfolgt also eine Personalkürzung um durchschnittlich 12,5 Prozent.

Daher muss der diesbezügliche Fachkraftfaktor von 0,07 auf mindestens 0,08 angehoben werden. Analog gilt dies selbstverständlich auch für die U3-Betreuung.

Darüber hinaus sind die Berechnungsvorschriften unlogisch und inkonsistent. Die Mindestverordnung (§1 Abs. 2 MVO) sah noch ausdrücklich vor, dass die personelle Besetzung in Kindertageseinrichtungen mit nur einer Gruppe mindestens 2,0 Fachkräfte beträgt. Die Berechnungsformeln im KiFöG ignorieren diese Vorgabe. Lediglich in den Ausführungsbestimmungen zum HKJGB wird darauf hingewiesen.

Sodann berücksichtigen die Berechnungsvorschriften nicht die Randzeiten, wenn nur wenige Kinder anwesend sind, jedoch dann mehr Personal anwesend sein muss, als es die im Gesetz definierte Personal-Kind-Relation vorgibt. Schließlich stellen die Berechnungsvorschriften nicht darauf ab, wieviele Kinder im zeitlichen Verlauf gleichzeitig anwesend sind. Die zeitliche Lage der Betreuungszeiten wird in der Berechnung nicht beachtet.

3. Mogelpackung Vetretungsstunden

Eine Mogelpackung ist übrigens der angebliche Fortschritt durch die gesetzliche Vorgabe eines Ansatzes von 15 Prozent für Vertretung bei Urlaub, Krankheit und Fortbildung. Das ist nicht neu, denn bereits die Erläuterungen zur Mindestverordnung wiesen auf die diesbezügliche Notwendigkeit hin.

Die dort angegebenen Zeiten gelten als Nettowerte für die Arbeit mit dem Kind. Tatsächlich wurde aber durch die falsche Definition des Fachkraftfaktors (Mangel 2) eine Kürzung um 12,5 Prozent beschlossen, die dann durch den Zuschlag von 15 Prozent wieder neutralisiert wird. Ein Nullsummenspiel, das als Fortschritt verkauft wird.

4. Reduzierung der Schwankungsreserve auf Null

Die durchschnittlichen Gruppengrößen müssen auf 25 Kinder (über 3 Jahre) bis zum gerade noch zulässigen Maß erhöht werden, damit keine Kürzung der Fachkraftstunden erfolgt. Aus mathematischen Gründen ist es unmöglich, einen Durchschnitt in Höhe des obersten Grenzwertes zu erhalten. Die Fluktuation der Kinder (Standardabweichung) wäre dann gleich Null, was praxisfern ist. Es gibt immer Zu- und Abgänge und eine Schwankungsreserve für dringende Fälle ist erforderlich.

Das KiföG bestraft aber jedes Kind weniger mit einer Personalkürzung um 4 Prozent.

Und wie bereits eingangs gesagt: Es gibt keine "Dreiviertelerzieherin".

5. Kommunale Träger erhalten weniger Zuschüsse
als kirchliche oder sonstige freie Träger

Zuschüsse nach § 32 Abs. 2 HKJGB:

Für beispielsweise 45 Kinder ab 3 Jahren erhält eine städtische Kita

22 x 330 € = 7.260 €

23 x 440 € = 10.120 €

------------------------------

Summe = 17.380 €

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Eine kirchliche oder sonstige freie Kita wird wie folgt bezuschusst:

22 x 500 € = 11.000 €

23 x 660 € = 15.180 €

-----------------------------

Summe = 26.180 € (also plus 51 Prozent)

==================

Kommunale Kitas stehen dadurch latent unter größerem Sparzwang.

6. Schlechte Regelungen zur Integration

Das Gesetz kennt keine direkten Regelungen zur Integration behinderter Kinder. Dazu gehören Aussagen zur Verkleinerung der Gruppengrößen und der besonderen Zuschüsse zur Integration. Der in § 32 Abs. 5 enthaltene Hinweis auf die Rahmenvereinbarung von 1999 ist unzureichend.

Die inzwischen ausgehandelte Vereinbarung zur Integration vom 01.08.2014 hätte von vorneherein in das Gesetz aufgenommen werden müssen. Es ist ein Armutszeugnis, dass das nicht geschehen ist. Dabei wurde während der Entstehungsgeschichte des "HessKiföG" immer wieder betont, man wolle alle Regelungen zur Kinderbetreuung in einem Gesetz bündeln.

Ein Gesetzentwurf (Drucks. 19/853, Stand: 12.11.2014), der diesen Mangel beseitigen wollte, wurde abgelehnt.

7. Nichteinhaltung wissenschaftlicher Standards

Prof. Fthenakis, der die Entwicklung des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplanes maßgeblich begleitet hat, begründet auf der Basis des Kinderbetreuungswerks der EU folgende pädagogischen Standards (vereinfachte Darstellung zitiert nach dem Redebeitrag von Prof. Dr. Angelika Ehrhardt bei der Kundgebung am 7. März 2013 in Wiesbaden): Dass diese nicht eingehalten werden, ist offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung.

Die Fachkraftfaktoren müssten also eigentlich so festgelegt werden:

Anhang: Stellungnahme des Hess. Städte- und Gemeindebundes

Verzerrende Auswirkung des Betreuungsmittelwertes auf die Fachkraftstunden (§ 25c HKJGB)

Auszug aus einer Stellungnahme des Hessischen Städte- und Gemeindebundes (Mühlheim):

Quelle: Hessischer Landtag, Auschussvorlage SIA 19/18 Teil 2, Seite 28/29, abgerufen am 21. März 2015

starweb.hessen.de/cache/AV/19/SIA/SIA-AV-018-T2.pdf

Text als PDF...

Vorschläge zur Verbesserung (PDF)

Letztes Update: 21. April 2014
CC-BY-SA 3.0, Udo Brechtel

Leserbrief an das Darmstädter Echo (gekürzt)

Im Artikel "Eltern warten auf Kita-Ausbau im Kreis" vom 6. Oktober 2014 findet sich die bemerkenswerte Aussage des Bürgermeisters von Groß-Umstadt, dass die Kinderzahl in den Gruppen von zehn auf die maximal erlaubten zwölf Plätze hochgesetzt worden sei. „Wir schöpfen also den gesetzlichen Rahmen aus, und prompt gibt es Beschwerden“, so Ruppert.

Dabei handelt es sich um genau den gesetzlichen Rahmen, den seine eigene Partei auf Landesebene völlig zu Recht bekämpft. Eine paradoxe Vorschrift dieses als KiFöG bekannt gewordenen Gesetzes ist - neben der Anhebung der Gruppengrößen - die willkürliche Vorgabe eines "Betreuungsmittelwertes" zur Personalbemessung. Ein typisches Beispiel ist die städtische Kita in Semd, die laut Internetseite die beiden Betreuungszeiten 25 Wochenstunden (Vormittag) oder 35 Wochenstunden (mit Mittagsversorgung) anbietet.

Das KiFöG (genauer § 25c des seit 1. Januar 2014 geänderten HKJGB) schreibt vor, dass die tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten nicht gelten. Denn statt 25 Stunden müssen 22,5 und statt 35 müssen 30 Stunden in die Berechnung eingesetzt werden. Wie man leicht sieht, erfolgt in diesem Fall eine willkürliche Personalkürzung um 10 bzw. um 14,3 Prozent.


Taktische Tricks, durch geschickte Wahl der Betreuungszeiten günstige Mittelwerte zu erhalten, sind keine wirkliche Lösung des Kernproblems, weil dadurch die Sachwidrigkeit des KiföG in diesem Punkt akzeptiert und verschleiert wird, statt die Ursache - das fehlerhafte Gesetz - zu ändern! Es wäre Aufgabe des Gesetzgebers, sachgerechte Regelungen erlassen. Aber nein, stattdessen wurde solch ein grober Unfug in den Rang eines Gesetzes erhoben.

...[11]

Udo Brechtel, 8. Oktober 2014

Zur veröffentlichten Fassung ...

Leserbrief an das Darmstädter Echo

Die Vermutung des Kinderschutzbundes im Echo-Artikel "Ärger mit Daten zum Kita-Ausbau" vom 13. Juli 2013, dass vielerorts der Personalschlüssel in Kitas verschlechtert wurde, halte ich für zutreffend und begründe das wie folgt.

Der erste Hinweis für die Richtigkeit dieser Aussage ist die Verfassungsklage von 39 Städten und Gemeinden gegen die Mindestverordnung (MVO), die bisher den Personalschlüssel in Kitas regelte. Es wird zwar gerne behauptet, es sei dabei nur um die Kostenforderung nach dem Konnexitätsprinzip gegangen. Tatsächlich hatte die Klage aber zum Ziel, die MVO für verfassungswidrig erklären zu lassen, um so größere Gruppen zu ermöglichen.[9] Nach Klageabweisung durch den Staatsgerichtshof am 6. Juni 2012 wurde dann eben die Verschlechterung des Personalschlüssels mit dem so genannten "Kinderförderungsgesetz" (KiföG) beschlossen.

Zweitens ist in der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe ablesbar, dass die mittleren Gruppengrößen bei den über Dreijährigen aktuell bei 21 bis 22 Kindern liegen.[2] Das KiföG setzt künftig das Ziel, mit dem gleichen Personal Gruppengrößen von durchschnittlich 25 Kindern zu realisieren. Dies ist aus den in zahlreichen Diskussionsveranstaltungen von den betroffenen Trägern und Erzieherinnen vorgetragenen Gründen jedoch praxisfern.[11] Allein die natürliche Fluktuation sorgt schon dafür, dass eine solche Durchschnittsgröße unerreichbar ist. Daher führt das KiföG zu einer Verschlechterung des Personalschlüssels.

Drittens musste sogar der FDP-Abgeordnete Wilhelm Reuscher einräumen, dass beim KiföG "handwerkliche Fehler" gemacht wurden, wie das ECHO am 19. April 2013 auf Seite 21 berichtete. Diese handwerklichen Fehler wurden aber keineswegs durch die spärlichen Nachbesserungen beseitigt, die Sozialminister Stefan Grüttner am 9. April 2013 bekannt gab. Speziell die Berechnungsvorschrift zum Personalbedarf mit einem willkürlichen "Betreuungsmittelwert" ist sachwidrig. Dabei handelt es sich um eine politisch festgesetzte Zahl, die sachlich nicht begründet ist.

So führt dieser "Betreuungsmittelwert" dann auch zu widersprüchlichen Ergebnissen. Bei Gruppen mit 22 Kindern und einer Betreuungszeit von wöchentlich 35 Stunden errechnet sich ein Personalbedarf von 1,32 Fachkräften, also viel zu wenig. Erhöht man die Betreuungszeit täglich nur um eine Viertelstunde, so gewährt das KiföG plötzlich 1,81 Fachkräfte. Doch dann wird es vollends paradox. Erhöht man die Betreuungszeit um weitere anderthalb Stunden täglich, so wird das Personal wieder auf 1,50 Kräfte reduziert![12] So etwas kann nicht sachgerecht sein. Es erschwert die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Kitas und hat auch zu viel Unruhe geführt. Fast könnte man auf den Gedanken kommen, das sei Absicht, um die Personalkürzungen zu verschleiern.

Udo Brechtel, 3. August 2013

Zur veröffentlichten Fassung ...


Ist das KiföG wegen der "Betreuungsmittelwerte" verfassungswidrig?

-- Offener Brief --

An alle Mitglieder des Hessischen Landtages

21. April 2013


Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete,

die in der Diskussion um das KiföG vorgebrachten Argumente wie Personalkürzungen, Gruppenvergrößerungen, Intransparenz, Stichtagsregelung, falsche Fördersystematik, mehr befristete Arbeitsverträge und vieles andere wären schon hinreichend genug, das Gesetz abzulehnen.

Ich bitte Sie jedoch dringend, insbesondere die Damen und Herren der Regierungskoalition, über einen aus meiner Sicht gravierenden Sachverhalt, der dennoch in der öffentlichen Diskussion nicht so sehr geläufig ist und meist in Diskussionen heruntergespielt wurde, nachzudenken. Dabei handelt es sich um den - mathematisch nicht korrekt - so genannten "Betreuungsmittelwert". Dieser hat bei Personalbedarfsberechnungen in vergleichbaren Einrichtungen zu gravierend unterschiedlichen Ergebnissen geführt, die logisch nicht erklärbar waren. Ohne fundierte mathematische Kenntnisse ist die Ursache für diese paradoxen Ergebnisse auch nicht leicht durchschaubar. Eine mathematische Untersuchung, die diesen Sachverhalt beleuchtet, ist auf meiner Internetseite abrufbar.[1][2]



Heftige Kritik hat zum "Zurückrudern" der Landesregierung geführt, die einen zusätzlichen (vierten) "Betreuungsmittelwert" präsentierte.[3] Damit ist das Kernproblem, nämlich die Generierung paradoxer Ergebnisse, keineswegs gelöst. Im Gegenteil, die Betreuungszeiten müssen nun in noch mehr Zonen einsortiert werden, was einen überflüssigen Mehraufwand verursacht.[4][8] Wenn eine Vorschrift zu so viel Verwirrung und Problemen führt, dann müsste es eigentlich gewichtige Gründe geben, wenn trotzdem so hartnäckig daran festgehalten wird.

-- Welchem wichtigen Zweck dient der "Betreuungsmittelwert"? --

Diese Frage konnte bisher keiner der Landtagsabgeordneten, die im Lande unterwegs sind, um das KiföG dem Volke zu vermitteln, befriedigend beantworten. Kein Wunder, denn es gibt keinen einzigen überragend wichtigen Grund dafür, "Betreuungsmittelwerte" vorzuschreiben. Die Argumente der Landesregierung sind nicht überzeugend oder falsch. Im Einzelnen:

1. Durch Verwendung des "Betreuungsmittelwertes" müsse man die Betreuungszeiten nicht ausrechnen.[3a] - Das ist falsch.

Bereits beim Abschluss des Betreuungsvertrages mit den Eltern muss ja über die Betreuungszeit verhandelt und diese dementsprechend ausgerechnet werden. Sie ist also ohnehin bekannt und wird heute mit Hilfe von computergestützten Anwendungen gespeichert. Sie ist damit später leicht abrufbar.[8] Außerdem muss die individuelle Betreuungszeit ja wohl vorher bekannt sein, wenn man sie in das vierstufige Raster der Zeiträume einordnen soll, oder?

2. Die Berechnung werde einfacher.[3a] - Das Gegenteil ist der Fall.

Es entsteht ein Mehraufwand bei der Berechnung, weil die bereits bekannten Betreuungszeiten in ein vierstufiges Raster einsortiert werden müssen.[4][8]

Die von der zufälligen Verteilung der Betreuungszeiten abhängigen paradoxen Ergebnisse bei der Berechnung des Personalbedarfes führen außerdem zu Verwirrung, was zu berechtigten Zweifeln an der mathematischen Korrektheit der Berechnungsformeln Anlass gibt und zu erheblicher Unruhe bei den Trägern und Kita-Leitungen führte. Was soll an alledem einfacher sein?

3. Es sei günstig, dass für Kinder, die zwischen 25 und 30 Stunden betreut werden, der Mittelwert von 30 Stunden genommen wird.[3b] - Das ist ein suggestiv gestaltetes Beispiel.

Der "Betreuungsmittelwert" von 30 gilt nämlich auch für Zeiten von 30 bis 35 Std./Woche! Das wird hier (bewusst?) verschwiegen.

4. Durch den "Betreuungsmittelwert" werde ein Anreiz gesetzt, die Öffnungszeit zu verlängern.[7] - Genau das aber bestreitet die Landesregierung selbst.[3c]

Von der Landesregierung wird bestritten, dass mit dem "KiföG" Öffnungszeiten reguliert werden sollen. Selbst wenn dies dennoch zuträfe, so wäre es nach der im Gesetz vorgesehenen Methode, "Betreuungsmittelwerte" vorzuschreiben, sachlich unzweckmäßig. Die Anreize bestehen hierbei lediglich darin, dass bevorzugt Betreuungszeiten knapp oberhalb der Grenzwerte, die die Gültigkeitsintervalle definieren, zu vereinbaren. Insbesondere ist es offensichtlich, dass die tatsächliche Nachfrage der Eltern durch willkürliche "Betreuungsmittelwerte" nicht sachlich korrekt abgebildet wird.

5. Der "Betreuungsmittelwert" sei wegen der "Statistik der Kinder- und Jugendhilfe" erforderlich.[5] - Das ist falsch.

In der "Statistik der Kinder- und Jugendhilfe" wird seit 1. März 2012 die tatsächlich vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit abgefragt.[6] Offenbar kennt die Landesregierung diesen Sachverhalt überhaupt nicht.

-- Betreuungsmittelwerte sind überflüssig --

Es gibt also keinen wichtigen und zugleich sachlich gerechtfertigten Grund, "Betreuungsmittelwerte" im Gesetz vorzuschreiben. Ganz im Gegenteil. Die Nachteile sind erheblich:

1. Die Berechnungen der personellen Bedarfe führen zu widersprüchlichen, paradoxen Ergebnissen.

2. Die Berechnung wird komplizierter.

3. Die Bezeichnung "Betreuungsmittelwert" ist völlig irreführend, denn es handelt sich eben gerade nicht um Mittelwerte von tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten in einer konkreten Kita, sondern um willkürliche, politisch festgelegte Werte. Nicht alles, was von einer höheren Autorität vorgeschrieben wird, muss auch sachlich richtig sein.

4. "Betreuungsmittelwerte" sind letztlich auch völlig überflüssig, denn die Fachkraftstunden könnten viel einfacher berechnet werden, indem man die Summe der Betreuungszeiten (nach Altersgruppen getrennt) als Variable in die entsprechende mathematische Formel einsetzt.[8] Außerdem wäre es notwendig gewesen, die Mindestverordnung sinnwahrend in das Gesetz einzuarbeiten!

Die Vorgabe von "Betreuungsmittelwerten" stellt somit einen weiteren Grund dar, das Gesetz abzulehnen.

-- Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund --

Darüber hinaus könnte diese Regelung verfassungswidrig sein. Diesen Verdacht begründe ich wie folgt:

In §25 c greift der Gesetzgeber in die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) ein, weil er dem Arbeitgeber vorschreibt, eine bestimmte Mindestzahl von Fachkräften für eine bestimmte Arbeitsleistung zu beschäftigen. Das ist in diesem Falle natürlich sachlich gerechtfertigt und auch wichtig und wesentlich, weil es zur Sicherstellung von Qualitätsstandards, die dem Wohl des Kindes dienen, erforderlich ist (vgl. Urteil des Staatsgerichtshofes Hesssen vom 06.06.2012).[9]

Dabei ist es jedoch erforderlich, die Fachkräfte bzw. die Arbeitgeber, die dem selben Berufsstand bzw. der selben Fachkategorie angehören, auch gleich zu behandeln (Art. 3 Abs. 1 GG). Die willkürlich festgesetzten "Betreuungsmittelwerte" führen jedoch zu einer Ungleichbehandlung, die erheblich und obendrein nicht sachlich gerechtfertigt ist. Berechnungen zeigen, dass je Gruppe (25 Kinder) Unterschiede von bis zu 21 Fachkraftstunden (also eine halbe Personalstelle) auftreten können, obwohl die Betreuungszeiten fast gleich sind. Es ist sogar möglich, dass eine Einrichtung mit niedrigeren Betreuungszeiten, mehr Personal zugeteilt bekommt, und eine solche mit höheren Betreuungszeiten weniger. Bei Einrichtungen mit 3 vollbesetzten Gruppen kann der Unterschied im ungünstigtsten Fall bis zu 1,5 Fachkräfte betragen![1][10]

Nach meinem logischen Verständnis liegt damit ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungssatz und das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.

Nun bin ich kein Jurist, aber mir scheinen diese Zusammenhänge so einfach und klar zu sein, dass es unbedingt erforderlich ist, die Rechtslage sorgfältig juristisch zu prüfen, bevor das "Kinderförderungsgesetz" beschlossen werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete, bitte folgen Sie Ihrer verfassungsmäßigen Aufgabe, dieses Gesetz zum Wohle des Volkes kritisch zu prüfen und beim derzeitig vollkommen unzureichenden Stand der parlamentarischen Beratungen am kommenden Donnerstag abzulehnen bzw. zur erneuten Beratung zurück in den Ausschuss zu überweisen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Mit freundlichen Grüßen
Udo Brechtel

Link: http://www.udo-brechtel.de/kifoeg/


Anmerkungen und Einzelnachweise

[1] Mathematische_Untersuchung_zum_KifoeG.pdf

[2] Betreuungsmittelwert_paradoxe_Beispiele.pdf

[3] Zitat: "Um dem Eindruck entgegen zu treten, mit dem Kinderförderungsgesetz würden Öffnungszeiten auf 42,5 Stunden reduziert, soll ein weiterer Betreuungsmittelwert von mehr als 50 Stunden eingeführt werden, um damit eine bessere Differenzierung zu erreichen."
aus der Pressemitteilung HSM vom 09.04.2013, abgerufen am 19.04.2012
Falls bereits aus dem Internetangebot gelöscht, hier alternativ als Permalink:
Pressemitteilung_HSM_vom_09.04.2013.pdf

[3a] Zitat: "Da die Berechnung der individuellen Betreuungszeit zu kompliziert wäre, werden Zeiträume definiert.", a.a.O.

[3b] Zitat: "So werden für Kinder als Beispiel, die zwischen 25 und 30 Stunden betreut werden, der Mittelwert zur Berechnung des Fachkraftangebots von 30 Stunden genommen.", a.a.O.

[3c] Zitat: "„Das Land regelt keine Öffnungszeiten. Durch den weiteren Betreuungsmittelwert wird dieser Punkt klargestellt“, so der Sozialminister.", a.a.O.

[4] Betreuungsmittelwerte_lt_Aenderung.pdf

[5] Lt. telefonischer Auskunft des Hessischen Sozialministeriums.

[6] Landesstatistik.pdf

[7] In einem nach einer Info-Veranstaltung geführten Gespräch wurde das von einem FDP-Abgeordneten so gesagt (Quellenschutz).

[8] Berechnungsbeispiel_ohne_mit_BMW.pdf

[9] Urteil des Staatsgerichtshofes Hessen vom 06.06.2012

[10] Bei der Berechnung der Fachkraftanzahl ist zu beachten, dass es sich dabei um die in einem Betreuungszeitabschnitt gleichzeitig anwesenden Personen handelt.

[11] "Handwerkliche Fehler", Darmstädter Echo vom 19. April 2013, Seite 21

[12] Detailberechnung

Leserbrief zum Bericht über die Protestaktion zum KiFöG

an das Darmstädter Echo und den Dieburger Anzeiger

Zum Artikel "KiFöG setzt falsche Maßstäbe" vom 16. März 2013 möchte ich gerne auf Folgendes hinweisen, weil es in der öffentlichen Diskussion zu kurz kommt:

Eltern und Erzieherinnen protestieren zu Recht dagegen, dass Qualitätsstandards verschlechtert werden. Leider ist die Einsichtsbereitschaft bei den verantwortlichen Landespolitikern praktisch gleich Null! Sie lenken lieber mit dem Hinweis auf höhere Geldpauschalen vom Thema ab. Dazu muss man wissen, dass Politiker derselben Parteien über Ihre Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen beim Staatsgerichtshof Hessen beantragt haben, die qualitätssichernde Mindestverordnung (MVO) für verfassungswidrig erklären zu lassen, weil deren Umsetzung zu hohe Kosten verursache.

[nein_zur_massenkinderhaltung.jpg]
Grafik: Miriam Lohrum
Der Staatsgerichtshof hat diesen Antrag mit Urteil vom 6. Juni 2012 zurückgewiesen. Dazu wurde in der Urteilsbegründung dargelegt, dass die MVO nicht deswegen für nichtig erklärt werden kann, weil der Landesgesetzgeber vergessen hat, den Kommunen für deren Umsetzung Mittel zuzuweisen, was er eigentlich nach dem Konnexitätsprizip hätte tun müssen. Weiter wird ausgeführt, dass die Vorgaben der MVO offensichtlich dem Wohl der Kinder dienen, wie es den Zielen des höherrangigen Landes- und Bundesrechtes (HKJGB, SGB VIII) entspricht. Gleichzeitig wurde der Landesgesetzgeber verurteilt, für den gebotenen finanziellen Ausgleich zu sorgen.

Meiner Ansicht nach begründet das den Verdacht, dass die wesentliche Motivation hinter dem KiFöG darin besteht, zwar einerseits mehr Geld in Form von Förderpauschalen bereitzustellen (was gut ist), aber andererseits Qualitätsstandards zu verschlechtern (was schlecht ist), um dadurch teilweise Geld zu sparen. Hier wird aber an der falschen Stelle gespart, weil das dem Wohl der Kinder zuwiderläuft. Das wäre etwa so, wie wenn ein Autohersteller das Airbagsystem weglässt und damit wirbt, dass man beim Kauf dieses Fahrzeugs eine Prämie von 1000 Euro bekommt. Ich hoffe sehr, dass die Protestaktionen weitergehen und das Gesetz in seinen schlechten Teilen verbessert wird. Wir müssen in die Zukunft unserer Kinder investieren. KiFöG - so nicht!

Udo Brechtel, 20. März 2013

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