Vorbemerkung
Im Anbetracht dessen, dass bisher
- zu radikale Forderungen,
- widerstreitende Interessen,
- falsche Darstellungen der Sachverhalte und
- finanzpolitische Notwendigkeiten
eine vernünftige Anpassung des Einkommensteuertarifs an die wirtschaftliche Entwicklung verhindert haben, mache ich hiermit den folgenden Reformvorschlag. Dieser ist um Ausgleich bemüht. Weil sogenannte "radikale Steuerreformen" in der Vergangenheit stets gescheitert sind, halte ich die Korrektur in vielen kleinen Schritten für sinnvoller. Das politische Meinungsspektrum sollte damit in weiten Bereichen leben können.
Erforderliche Maßnahmen
Die Anpassung des Tarifverlaufes muss so erfolgen, dass langfristig wieder ein durchgehend
linear-progressiver Tarif entsteht. Der linear-progressive Tarif verwirklicht das Verfassungsprinzip der "Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit" (Art. 3 GG) und das "Sozialstaatsprinzip" (Art. 20 GG) in fast idealer Weise. Im Jahre 1990 war das eine große Errungenschaft, die aber leider
aus verschiedenen Gründen wieder zerstört wurde.
Mein Vorschlag soll nur die "
kalte Progression im engeren Sinne" ausgleichen, also die inflationsbedingte Verschiebung. Jedoch ist es auch wichtig, den Kennlinienknick bei 13.470 Euro (oft nicht ganz korrekt als "
Mittelstandsbauch" bezeichnet), zu linearisieren. Die dadurch entstehende Überkompensation muss ausgeglichen werden. Außerdem muss endlich das Steuer- und Sozialystem ganzheitlich gesehen und aufeinander abgestimmt werden.
Dazu halte ich folgende Maßnahmen für erforderlich:
- Jährliche Anhebung des Grundfreibetrages (Existenzminimum) um die Inflationsrate.
- Absenkung des Kennlinienknicks (sog. "Mittelstandsbauch") bei 13.470 Euro (23,97%) um etwa 0,67 Prozentpunkte je Schritt - bis ein durchgehend linearer Verlauf hergestellt ist. Das ist die wichtigste Maßnahme, weil davon die meisten Menschen profitieren!
- Schrittweise Rechtsverschiebung des Eckwertes 52.881 Euro um die Inflationsrate (mit Varianten).
- Einführung einer linearen Progression für sehr hohe Einkommen, die den Grenzsteuersatz um etwa 0,018 Prozentpunkte je 1000 Euro Einkommenszuwachs steigert. Dadurch gilt für ein zu versteuerndes Einkommen von 500.000 Euro ein Grenzsteuersatz von 49,8 Prozent (Spitzensteuersatz).
- Abschaffung fragwürdiger Freibeträge und Steuerermäßigungen, um die Steuersystematik zu vereinfachen.
- Schrittweise Synchronisation des Steuer- und Sozialsystems unter Beachtung der ganzheitlichen Wirkung.
Diese Maßnahmen bilden einen ganzheitlichen Zusammenhang und sind konzeptionell aufeinander abgestimmt. Es sind natürlich unterschiedliche Gewichtungen der Einzelmaßnahmen möglich, wobei die Punkte 1, 2 und 4 jedoch stets Vorrang haben müssen.
Wirkung auf den Einkommensteuertarif
Variante 1
Das folgende Bild (animierte GIF-Grafik) zeigt ein denkbares Szenario (Variante 1) für den
Einkommensteuertarif mit einer angenommenen Inflationsrate von 2 Prozent jährlich. Hierbei werden alle Eckwerte je Schritt um die Inflationsrate nach rechts verschoben.
Es ist erkennbar, dass die Verschiebung der strichpunktierten Linie für den
Grenzsteuersatz sich sehr stark auf den tatsächlichen Steuersatz
(Durchschnittsteuersatz, durchgezogene Linie) auswirkt. Der Durchschnittsteuersatz ist maßgeblich für die Entlastungswirkung insgesamt. Von der Linearisierung profitieren also auch Einkommen von deutlich mehr als 60.000 Euro. Man mag kritisieren, dass das alles viel zu langsam gehe, aber wenn ich mir die diesbezüglichen Aktivitäten der letzten 10 Jahre anschaue, so wäre das tausendmal besser!
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Jedoch könnte die automatische Durchführung meines Reformvorschlages eine zu starke Senkung der Steuereinnahmen herbeiführen und damit die Handlungsfähigkeit der staatlichen Gemeinschaft gefährden. Daher ist jeweils zu prüfen, ob die Durchführung des nächsten Reformschrittes durchführbar ist. Dabei ist die Abschaffung fragwürdiger Freibeträge oder Steuerermäßigungen zu erwägen, um die Steuersystematik zu vereinfachen! Außerdem müssen das Beitragssystem in der Sozialversicherung und das Steuersystem ganzheitlich gesehen werden. Daher halte ich eine Synchronisierung der Belastungen aus beiden Systemen für erforderlich. Die schrittweise Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen wäre hilfreich, um die steuerliche Entlastung gleichmäßiger zu verteilen.
Die Entlastung fällt nicht zu gering aus, weil im betrachteten Zeitraum bis 2025 die als Freibetrag abziehbaren
Altervorsorgeaufwendungen um jährlich 2 Prozentpunkte angehoben werden. Das ist eine automatische steuerliche Entlastung, die ohnehin bereits regelmäßig stattfindet und oft übersehen wird.
Variante 2
Sollte es nicht möglich sein, die Überkompensation der kalten Progression durch Abschaffung fragwürdiger Freibeträge oder Steuerermäßigungen zu neutralisieren, so kommen noch zwei andere Varianten in Betracht. In Variante 2 wird nur der Grundfreibetrag um die Inflationsrate verschoben, die anderen Eckwerte jedoch nur um die Hälfte der Inflationsrate. Dadurch wird die Überkompensation abgemildert.
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Variante 3
In Variante 3 wird der Grundfreibetrag ebenfalls um die Inflationsrate verschoben, die anderen Eckwerte jedoch nur um den absoluten Eurobetrag, der sich rechnerisch für die Verschiebung des Grundfreibetrages ergibt. Dadurch wird die Überkompensation noch stärker abgemildert.
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Übrigens, wussten Sie schon,
dass die Tarifreformen seit 1999 vorwiegend den Beziehern sehr niedriger und sehr hoher Einkommen genutzt haben? Besonders für hohe Einkommen wurde die kalte Progression in den letzten 20 Jahren überkompensiert. Daher halte ich die Einführung einer linearen Progression für hohe Einkommen für gerechtfertigt.
Den Begriff "Reichensteuer" finde ich fragwürdig, weil sich dann sofort die Frage nach der Grenze zwischen Arm und Reich stellt. Die aktuelle Grenze bei 250.730 Euro bedeutet ja, dass man bei 250.729 Euro noch nicht reich ist. Verdient man einen Euro mehr, wird man in den Personenkreis der Reichen eingeordnet. Das ist auch bei dem Steuertarif der Linken so: bis 999.999 Euro ist man nicht reich, darüber plötzlich reich. Auch der legendäre FDP-Stufentarif hatte willkürlich gesetzte Stufen. Das ist eben ein grundsätzliches Problem bei Stufentarifen.
Was ich damit sagen will: Die Übergänge sind in Wirklichkeit fließend, was der linear-progressive Tarif viel besser abbildet. Außerdem tritt an den Sprungstellen von Stufentarifen eine besonders hohe kalte Progression auf, was oft übersehen wird. Auch hier ist der linear-progressive Tarif von Vorteil.
Einführung einer linearen Progression für hohe Einkommen
Das folgende Bild (animierte GIF-Grafik) zeigt die Variante 1 für den Bereich
zu versteuernder Einkommen von bis zu 1.000.000 Euro.
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Mit meinem Vorschlag würde erstmals ein linear-progressiver Verlauf für sehr hohe Einkommen eingeführt werden. Die bisherige Tarifstufe bei 250.730 Euro wird dadurch linearisiert. Man kann darüber diskutieren, ob die Steigung bei 500.000 Euro (49,8 %) endet oder ob diese Steigung weitergeführt wird, so dass ab 1.000.000 Euro ein Grenzsteuersatz von etwa 59 % gelten könnte.
Abschaffung fragwürdiger Freibeträge und Steuerermäßigungen
Fragwürdige Freibeträge
Bei der Abschaffung fragwürdiger Freibeträge muss zunächst das
Nettoprinzip beachtet werden, wonach vor der Besteuerung der Einnahmen die objektiv und subjektiv notwendigen Kosten davon abgezogen werden müssen. So sind die Fahrtkosten zur Arbeitsstätte notwendig zur Erzielung des Arbeitsentgeltes. Die versuchte Abschaffung des diesbezüglichen Werbungskostenfreibetrages wurde vom Bundesverfassungsgericht folgerichtig verworfen. Es geht mir hier also nur um diejenigen
Freibeträge und